In einer Zeit, in der der Wettbewerb um qualifizierte Fachkräfte intensiver wird, ist Employer Branding ein unverzichtbares strategisches Werkzeug. Doch auch die beste Branding-Strategie kann scheitern, wenn Führungskräfte nicht authentisch hinter den Werten stehen und diese vorleben. Führungskräfte sind das Gesicht des Unternehmens und prägen maßgeblich, wie das Employer Branding wahrgenommen wird.
Employer Value Proposition (EVP): Mehr als nur ein Versprechen
Am Herzen jeder Employer-Branding-Strategie steht die Employer Value Proposition (EVP). Dieses Wertversprechen beschreibt, was das Unternehmen besonders macht und welche Vorteile es den Mitarbeitenden bietet. Oft geht es dabei weniger um monetäre Anreize und mehr um die ideellen Werte und Visionen des Unternehmens. Ein solcher Wertekompass ist jedoch nur dann erfolgreich, wenn Führungskräfte ihn verstehen, verinnerlichen und authentisch leben. Führungskräfte, die eine starke Verbindung zur EVP aufbauen, sind entscheidend, um das Vertrauen der Mitarbeitenden zu gewinnen.
In der Praxis bedeutet dies, dass Führungskräfte eine klare Vorstellung davon haben müssen, wofür ihr Unternehmen steht und welche Werte es verkörpert. Die EVP sollte also nicht bloß als Marketinginstrument angesehen werden, sondern als Leitfaden, an dem sich alle Handlungen und Entscheidungen orientieren. Führungskräfte sollten diese Werte nicht nur in ihrer eigenen Arbeit umsetzen, sondern auch aktiv im Team vermitteln und fördern.
Ein Beispiel für eine gelebte EVP ist der Otto-Konzern, der neue Azubis mit einem großen Plakat am Campus in Hamburg willkommen heißt. Diese Botschaft, die täglich im öffentlichen Raum sichtbar ist, vermittelt nicht nur Wertschätzung, sondern zeigt auch die Nähe zum jungen Nachwuchs. Eine gelebte EVP zeigt sich jedoch nicht nur in einmaligen Aktionen, sondern muss im Alltag immer wieder unterstrichen werden.
Die Kultur prägt, die Führung lenkt
Eine starke Unternehmenskultur ist das Rückgrat jeder Employer-Branding-Strategie. Die Art und Weise, wie Menschen im Unternehmen miteinander umgehen, wie Konflikte gelöst und Erfolge gefeiert werden, all das prägt das Arbeitsklima und damit die Wahrnehmung der Arbeitgebermarke. Führungskräfte sind dabei nicht nur Bewahrer dieser Kultur, sondern auch ihre aktiven Gestalter. Sie geben den Mitarbeitenden ein Gefühl der Sicherheit und Zugehörigkeit und spielen eine zentrale Rolle, wenn es darum geht, Werte zu leben und zu kommunizieren.
In meiner Arbeit als Trainerin und Coach sehe ich immer wieder, dass Mitarbeitende, die sich mit der Kultur und den Werten ihres Unternehmens identifizieren, stärker motiviert und loyaler sind. Führungskräfte, die in der Lage sind, diese Kultur aktiv zu prägen, schaffen nicht nur ein positives Arbeitsumfeld, sondern fördern auch die Leistungsbereitschaft und das Engagement ihrer Mitarbeitenden.
Leider zeigt die Praxis oft eine Kluft zwischen den von der Unternehmensleitung definierten Werten und der gelebten Realität im Alltag. Diese Diskrepanz kann die Glaubwürdigkeit des Unternehmens stark beeinträchtigen. Führungskräfte müssen daher nicht nur die Strategie verstehen, sondern auch in der Lage sein, sie im täglichen Miteinander authentisch umzusetzen. Nur so wird die Kultur spürbar und nachvollziehbar – für neue Mitarbeitende ebenso wie für erfahrene Kollegen.
Mitarbeiterbindung durch wertschätzende Führung
Ein oft zitierter Satz bringt es auf den Punkt: „Mitarbeitende verlassen ihre Führungskräfte, nicht das Unternehmen.“ Dieser Satz verdeutlicht, dass die Beziehung zur direkten Führungskraft maßgeblich für die Zufriedenheit und das Engagement der Mitarbeitenden ist. Eine positive, wertschätzende Führung, die auf Vertrauen und Respekt basiert, ist der Schlüssel zur langfristigen Mitarbeiterbindung.
Wertschätzende Führungskräfte schaffen ein Arbeitsumfeld, in dem sich Mitarbeitende verstanden und respektiert fühlen. Dies fördert nicht nur die Zufriedenheit, sondern auch die Bindung an das Unternehmen. Führungskräfte, die sich um das Wohlbefinden ihrer Mitarbeitenden kümmern, stärken das Vertrauen und schaffen eine Basis für eine langfristige Zusammenarbeit. Dies ist besonders in Zeiten des Fachkräftemangels von großer Bedeutung, denn ein positives Arbeitsklima kann ausschlaggebend dafür sein, ob Mitarbeitende im Unternehmen bleiben oder sich nach anderen Optionen umsehen.
Ein weiterer Aspekt ist das individuelle Eingehen auf die Bedürfnisse der Mitarbeitenden. In vielen Unternehmen wird die Motivation der Mitarbeitenden oft ausschließlich mit dem Gehalt in Verbindung gebracht. Doch Studien zeigen, dass Mitarbeitende weitaus mehr Wert auf Sinnhaftigkeit und Wertschätzung legen. Führungskräfte, die die individuellen Bedürfnisse ihrer Teams verstehen und fördern, schaffen ein Klima, das weit über finanzielle Anreize hinausgeht.
Positive Führung als Wettbewerbsvorteil
In der heutigen Arbeitswelt suchen Mitarbeitende nach mehr als nur einem Gehaltsscheck – sie suchen nach Sinn, Wertschätzung und Identifikation. Führungskräfte, die diesen Wunsch ernst nehmen und ein authentisches Arbeitsumfeld schaffen, bieten ihrem Unternehmen einen unschätzbaren Wettbewerbsvorteil. Eine authentische und positive Führung stärkt nicht nur die Employer Brand, sondern macht das Unternehmen auch für potenzielle Talente attraktiv.
Dieser Wettbewerbsvorteil zeigt sich besonders bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), die oft über weniger Ressourcen für aufwendige Marketingkampagnen verfügen. Hier können Führungskräfte eine persönliche Atmosphäre schaffen, die Talente schätzen. Eine authentische Unternehmenskultur, die von den Führungskräften aktiv vorgelebt wird, hilft KMU, sich im regionalen Arbeitsmarkt abzuheben und qualifizierte Fachkräfte anzuziehen.
Führungskräfte als Schlüssel zu Retention statt Recruiting
In Zeiten des Fachkräftemangels wird es für Unternehmen immer wichtiger, nicht nur neue Talente zu gewinnen, sondern vor allem bestehende Mitarbeitende zu halten. Eine authentische Führungskultur kann hier den entscheidenden Unterschied machen. Unternehmen, die eine starke Bindung zu ihren Mitarbeitenden aufbauen, profitieren von einer geringeren Fluktuation und einer höheren Identifikation der Mitarbeitenden mit den Unternehmenszielen.
Employer Branding ist dabei nicht nur ein Instrument zur Gewinnung neuer Mitarbeitender, sondern auch eine Strategie zur Steigerung der Mitarbeiterbindung. Führungskräfte, die die Werte des Unternehmens aktiv leben, sorgen dafür, dass sich Mitarbeitende langfristig mit ihrem Arbeitgeber identifizieren und motiviert bleiben. Eine solche Führungskultur fördert die Loyalität und reduziert die Notwendigkeit, ständig neue Mitarbeitende zu rekrutieren.
Chancen für kleine und mittlere Unternehmen (KMU)
Für KMU bietet Employer Branding kombiniert mit positiver Führung besondere Chancen. Sie haben oft den Vorteil, eine familiäre und persönliche Atmosphäre zu schaffen, die von Talenten geschätzt wird. Eine starke Arbeitgebermarke hilft KMU, sich in regionalen Arbeitsmärkten zu positionieren und sich von der Konkurrenz abzuheben. Durch gezielte Kommunikation über Karriereseiten, soziale Medien oder Fachmessen können KMU ihre Attraktivität steigern und qualifizierte Fachkräfte anziehen. Dabei ist es entscheidend, dass die gelebte Kultur und die kommunizierten Werte übereinstimmen, denn nur so wird Employer Branding auf lange Sicht erfolgreich sein.
Fazit: Employer Branding als strategischer Wettbewerbsvorteil
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass Employer Branding heute ein entscheidender Bestandteil jeder Unternehmensstrategie ist. Doch erst durch authentische und wertschätzende Führungskräfte kann das volle Potenzial dieser Strategie ausgeschöpft werden. Führungskräfte spielen eine zentrale Rolle, indem sie als Vorbilder agieren, die Werte des Unternehmens leben und ein positives Arbeitsumfeld schaffen. Besonders kleine und mittlere Unternehmen profitieren von einer authentischen Employer-Branding-Strategie, die ihre individuellen Stärken betont und ein wertschätzendes Umfeld schafft.
Letztlich ist es die Unternehmenskultur, die den entscheidenden Unterschied macht – und dafür sorgt, dass Mitarbeitende nicht nur bleiben, sondern auch ihr Bestes geben. Eine positive Führung ist somit kein „nice-to-have“, sondern ein echter Wettbewerbsvorteil, der Unternehmen langfristig erfolgreich macht.
Employer Branding: Erfolgsfaktor Führungskultur – Warum Führungskräfte den Unterschied machen
Bild Foto Geza Aschoff Bildrechte A.H.
Autor
Alexandra Hagemann ist Expertin für Erwachsenenbildung, spezialisiert auf Neuropsychologie und Medienpädagogik. Als Diplom-Pädagogin, Trainerin und Coach verbindet sie wissenschaftliche Kompetenz mit Empathie. Ihre Fähigkeit, Brücken zwischen Menschen zu bauen, zeichnet sie als Expertin aus, die nicht nur mitfühlt, sondern echte Unterstützung bietet. Alexandra Hagemann Gewann im Jahr 2023 mit ihren Trainings gleich 2 mal den Europäischen Trainingspreis. Sie versteht es, komplexe Inhalte didaktisch fundiert und praxisnah zu vermitteln. Ihre positive Energie, Herzlichkeit und Leidenschaft motivieren die Teilnehmenden, neue Ansätze direkt in die Praxis umzusetzen. Neben zahlreichen Fachartikel zu positiver Führung und stärkeorientiertem Arbeiten erschien 2024 ihr Buch “30 Minuten Empowerment” im Gabal Verlag. Sie ist Moderatorin diverser Personal- und Fachmessen.
Website: https://www. ah-trainings.de/
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