Steuerfragen nach einer Trennung
Wer den Weg zum Altar antritt, denkt wohl kaum an eine mögliche Trennung. Dabei zeigen Studien, dass sich hierzulande jährlich 130.000 Paare scheiden lassen. 2023 wurden in Deutschland 360.979 Ehen geschlossen, im Vergleich dazu allerdings auch 35,7 Prozent, also etwa 129.000, durch richterlichen Beschluss wieder aufgelöst. Eine Trennung vom Lebenspartner bringt jedoch nicht nur emotionale, sondern auch steuerliche Folgen mit sich. Erzielen die Parteien keine Einigung über die Vermögensaufteilung, entsteht oft ein Rosenkrieg um das gemeinsame Eigentum.
Häufig greift dann der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft, um die während der Ehe erzielten Gewinne gleichmäßig zwischen den ehemaligen Partnern aufzuteilen. Dies umfasst auch die Übertragung von Vermögenswerten wie Immobilien oder Unternehmensbeteiligungen, wodurch stille Reserven aufgedeckt und besteuert werden können. Es gibt jedoch Möglichkeiten und Strategien, um die Abgabenlast nach einer Scheidung zu reduzieren oder sogar ganz zu vermeiden.
Vermögensausgleich bei einer Trennung
Ohne notariellen Ehevertrag gilt im Scheidungsfall die Zugewinngemeinschaft, bei der das während der gemeinsamen Zeit erworbene Vermögen zwar den Eheleuten einzeln gehört, aber bei der Trennung ausgeglichen wird. Erbschaften und Schenkungen sind davon ausgenommen. Verfügt der einkommensstärkere Partner über Immobilien oder Unternehmensbeteiligungen, erhält der andere einen Teil dieser Werte als Ausgleich. Ähnlich wie bei einem Verkauf an Dritte führt dies jedoch dazu, dass stille Reserven aufgedeckt und steuerpflichtig werden. Als Bruttowert ist dafür der zu übertragende Vermögenswert anzusetzen. Dabei gilt es auch latente Steuern zu berücksichtigen. Latente Steuern sind potenzielle Abgaben, die anfallen, wenn ein bestimmtes Ereignis eintritt, etwa die steuerpflichtige Übertragung von Immobilien vor Ablauf der zehnjährigen Spekulationsfrist, die durch Scheidung verursacht wird.
Konfliktthema Firmenbeteiligungen
Verfügt einer der Ehegatten im Scheidungsfall über Unternehmensvermögen, stellt der Zugewinnausgleichsanspruch des anderen Partners den größten Streitpunkt dar und bedroht unter Umständen die weitere Existenz des Betriebes. Wenn nur einer der Angetrauten durch den Wertzuwachs des Unternehmens erheblich mehr Vermögen aufgebaut hat, entsteht im Scheidungsfall ein Zugewinnausgleichsanspruch. Da es hierbei keine Spekulationsfrist gibt, fallen auf die Übertragung der Anteile in der Regel Abgaben an. In diesem Fall gilt es ebenfalls die latenten Steuern zu berücksichtigen.
Hierfür ist der Wert des Unternehmens beziehungsweise der Beteiligung zum Zeitpunkt der Eheschließung und der Scheidung zu ermitteln. Wenn die Partner allerdings mit einem Vertrag die Gütergemeinschaft vereinbart haben, wird das Vermögen jeweils zur Hälfte auf die Verheirateten aufgeteilt. Dabei spielt es keine Rolle, wer den Betrieb gegründet hat oder ob nur einer an der Unternehmensführung beteiligt war.
Von Häusern und Wohnungen
Besitzt ein Ehepartner eine Immobilie, steht dem anderen Gatten ein Vermögensausgleich zu. Geschieht das in Form einer Übertragung von Eigentum, gilt es verschiedene steuerliche Szenarien zu beachten. Bei vermieteten Objekten hängt die Abgabenpflicht vom Besitzzeitraum ab: Liegt dieser bei mindestens zehn Jahren, verliert die Spekulationsfrist ihre Gültigkeit und die Übertragung erfolgt, wie bei einem Verkauf, abgabenfrei. Findet die Übertragung vor Ablauf dieser Frist statt, unterliegt die Differenz zwischen Anschaffungskosten und aktuellem Marktwert der Besteuerung. Die Finanzverwaltung erhebt auf diesen Vorgang eine Steuer auf den angenommenen Veräußerungsgewinn.
Wenn Kinder, die noch Anspruch auf Kindergeld haben, im Verkaufsjahr und in den beiden vorangegangenen Jahren das Haus bewohnen, fällt keine Spekulationssteuer an. Für selbst genutzte Immobilien gilt eine andere Frist. Wenn das Objekt im Jahr der Trennung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde, fällt nämlich ebenfalls keine Steuer auf die Übertragung an. Ähnliches gilt für kürzere Zeiträume des Bewohnens, wenn seit dem Erwerb der Immobilien nur die eigene Wohnnutzung stattfand. Grunderwerbsteuer wird bei Übertragungen zwischen den Partnern generell nicht erhoben.
Nur Bares ist Wahres
Im Rahmen einer Scheidung stellt das Angebot von Vermögenswerten zur Erfüllung des Ausgleichsanspruchs meist nur eine Option dar. In der Regel haben Ehepartner bei einer Trennung Anrecht auf einen Geldbetrag. Möchte der Ex-Gatte die Unternehmensanteile oder die Immobilie nicht übertragen, besteht die Möglichkeit, eine Geldkompensation zur Verfügung zu stellen und somit die Nutzung der Sachwerte für sich einzubehalten. Gleichzeitig lassen sich auf diese Weise Steuern sparen. Da Geld als Nominalgut gilt und im Gegensatz zu Immobilien oder Unternehmensanteilen keinen Wertzuwachs erfährt, erfolgt die Übertragung dieser Summe stets abgabenfrei. Fehlen liquide Mittel, lassen sich Immobilien oder Unternehmensanteile als Sicherheit für einen Kredit nutzen, was oft günstiger ist als eine Veräußerung, die stille Reserven aufdeckt und abgabenpflichtig ist.
Auch wenn in Zeiten steigender Zinssätze ein Darlehen nicht besonders verlockend scheint, macht es dennoch einen großen Unterschied, ob lediglich einige Prozent an Zinsen zu entrichten sind oder bis zu mehr als 45 Prozent an Steuern. Eine direkte Geldzahlung an den ehemaligen Partner vermeidet somit zusätzliche Abgaben, die im Zuge einer Scheidung anfallen würden.
Bild: Prof.Dr.C.Juhn Bildquelle ©JUHN Partner GmbH
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Autor:
Prof. Dr. Christoph Juhn ist Professor für Steuerrecht, Steuerberater und besitzt einen Master of Laws. Seine Schwerpunkte in der Gestaltungsberatung liegen auf Umwandlungen und Umstrukturierungen, Unternehmen- und Konzernsteuerrecht, internationalem Steuerrecht, Unternehmenstransaktionen (M&A), Beratung für Berater sowie der laufenden Steuerberatung.