Das INNONET Kunststoffcluster veröffentlicht die zweite Ausgabe seines Stimmungsbarometers und liefert damit wichtige Zahlen, Daten und Fakten aus der süddeutschen Kunststoffindustrie. Was beschäftigt unsere Unternehmen und wie wird die aktuelle Geschäftslage bewertet?
Zum Gesprächspartner: Dejan Micic ist seit 2021 Wirtschaftsförderer der Stadt Horb a.N. und Geschäftsführer des Technologiezentrums Horb, welches die Trägerin des INNONET Kunststoffclusters ist.
Herr Micic, was ist das INNONET und wie ist es entstanden?
Das INNONET Kunststoffcluster wurde vor über 18 Jahren von einer Handvoll namhafter Unternehmen in der Region Nordschwarzwald ins Leben gerufen, um eine unabhängige und interdisziplinäre Plattform entlang der Wertschöpfungskette Kunststoff zu etablieren. Heute sind wir in modernen Räumlichkeiten in Horb vernetzt, organisieren gemeinsame Messestände und fördern den Austausch zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. Wir sind überregional bekannt und vernetzt, tragen zum Austausch zwischen Wissenschaft und Wirtschaft bei, vernetzen Startups mit etablierten Mittelständlern und repräsentieren mit unseren über 110 Mitgliedern mehr als 6 Milliarden Euro Jahresumsatz, ca. 32.000 Mitarbeiter und über 5.500 Patente – also Know-how, Wertschöpfung und Potentiale.
Könnten Sie uns kurz erläutern, weshalb das INNONET-Stimmungsbarometer aufgelegt wurde?
Das Stimmungsbarometer ist eine halbjährliche Befragung der INNONET-Mitglieder, die wir im Mai 2024 gestartet haben. Ziel der Erhebung ist es, umfassende Informationen und somit Transparenz über die aktuelle Situation und die Zukunftsaussichten der süddeutschen Kunststoffbranche zu bieten. Diese Einblicke ermöglichen es, fundiert auf aktuelle Herausforderungen zu reagieren und gezielt Lösungen zu finden sowie Entwicklungen frühzeitig zu erkennen und gegebenenfalls Vorbereitungen zu treffen. Jede einzelne Ausgabe trägt dazu bei auch den Zeitablauf und die erfolgten Entwicklungen sichtbar zu machen und langfristig einen validen Trend innerhalb der einzelnen Themenbereiche abzuleiten und zu vergleichen.
In anderen Worten: Wir sehen doch, wie sich die aktuelle Wirtschaftslage entwickelt, wir wollen daher noch besser verstehen, um besser vorbereitet zu sein.
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INNONET Stimmungsbarometer
Ausgabe#2 Oktober 24
5 Themengebiete
12 Fragen
Firmeninhaber & -leiter | Führungskräfte
2x / Jahr
online
Herr Micic, welche wesentlichen Trends und Herausforderungen konnten Sie aus der aktuellen Erhebung ableiten? Gab es überraschende Ergebnisse oder besondere Highlights?
Bei den meisten Fragen gaben wir zur Orientierung eine Antwortskala von 0 „sehr schlecht“ bis 10 „hervorragend“ vor. Das gemittelte Gesamtergebnis des Barometers liegt in der aktuellen Ausgabe bei 4,5 und damit sogar noch unterhalb des Vorwertes von 5,1. Die Stimmung in der Kunststoffbranche wird mit einem Ergebnis von 3,8 noch negativer gesehen, liegt aber knapp über dem Wert zur Einschätzung der Wirtschaftslage in Deutschland (3,6). Beide Werte weisen eine signifikante Verschlechterung von 0,8 Punkten zu den Ergebnissen des ersten Barometers auf.
Bei den meisten Ergebnissen lässt sich tendenziell eine simultane Abschwächung erkennen, sowohl bei den Beurteilungen der gegenwärtigen Situation als auch bei den Prognosen für die kommenden 6 Monate. Aufgefallen sind uns hier die Antworten in der Rubrik Image & Reputation, die sich entgegen des Trends leicht verbessert haben. Bei einem Wert von 4,2 was das Image in der Gesellschaft angeht und 3,0 innerhalb der Politik, sind das allerdings Werte die noch weit von unseren Zielen entfernt sind! Die Tendenz stimmt optimistisch, ebenso wie der starke Wert von 6,5 bei der Innovationskraft.
Darin sehen wir eine Bestätigung des eingeschlagenen Weges zur Transformation und transparenteren Berichterstattung zum Thema Kunststoffe.
Welche Herausforderungen wurden von den Teilnehmern besonders hervorgehoben?
Durch die offenen Fragen hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit wesentliche Problembereiche ergänzend anzufügen. In der Analyse konnte festgestellt werden, dass insbesondere Bereiche wie „Personal“, „Auftragslage“, sowie „politische Rahmen- und Regelwerke“ als besonders relevant und akut angesehen werden.
Die Beschäftigungslage wird weiterhin sehr uneinheitlich bewertet, wobei hier auch die schwächere Auftragslage kurzfristig zu einer Entspannung führt. Viele der Betriebe wollen sich und ihre Mitarbeiter aber schon jetzt positionieren und auf die nächste Periode mit vollen Auftragsbüchern vorbereiten.
Wie tragen die Erkenntnisse zur Weiterentwicklung und Verbesserung der Wettbewerbsposition bei?
Durch regelmäßige Befragungen innerhalb des Clusters werden Trends und Entwicklungen frühzeitig erkannt. Dies ermöglicht eine schnelle Reaktion auf Herausforderungen und Chancen, um Anpassungsfähigkeit und Flexibilität sicherzustellen. Ein intensiverer Austausch zwischen den Mitgliedern des INNONET fördert zudem Kooperationen und kann kurz- sowie mittelfristig speziell im Bereich der Personalgewinnung und -entwicklung zu Synergien zwischen den Mitgliedern führen. Auch durch Projektkooperationen innerhalb der Mitglieder lassen sich Zeiten mit schwächerer Auftragslage überbrücken.
Welche Lösungsansätze sehen Sie, basierend auf den Ergebnissen des Stimmungsbarometers, um die Herausforderungen der Branche anzugehen?
Eine zentrale Herausforderung, die dringendes Handeln erfordert, ist die Reputation in der Politik sowie die komplexe Regulatorik auf Bundes- und EU-Ebene. Ein verstärkter und verbesserter politischer Austausch ist hier unumgänglich. Dabei geht es uns ausdrücklich nicht um Greenwashing, sondern um eine faire Betrachtung der Branche! Denn unsere Mitglieder sind innovativ und auch bei Themen der Transformation engagiert, oftmals sogar Pioniere.
Diese Aspekte wollen wir in die Berichterstattung mit aufnehmen und politischen Vertretern zeigen, welche Leistungen von diesen Unternehmen erbracht werden und wie unser wirtschaftlicher und privater Alltag ohne deren Produkte aussähe. Oberflächlichem Kunststoffbashing wollen wir fundierte Zahlen und konkrete Produkte gegenüberstellen! Denn wir dürfen nicht riskieren, diese innnovative Branche in Deutschland zu verlieren und anschließend auf Importprodukte angewiesen zu sein. Auf deren Zusammensetzung, Kreislauffähigkeit und Fußabdruck haben Politik und Gesellschaft dann nämlich garkeinen Einfluss mehr. Des Weiteren erweisen sich Kampagnen, welche die nachhaltigen Aspekte von Kunststoffen betonen sowie deren Potenzial als emissionsarmes oder recycelbares Ersatzmaterial verdeutlichen, als vielversprechende Strategien. Diese Maßnahmen können in einem reflektierten und realistischeren Image der Branche resultieren.
Gibt es konkrete Projekte oder Initiativen, die bereits auf den gewonnenen Erkenntnissen basieren?
Seit geraumer Zeit sind wir bereits in EU-Förderprojekte involviert, welche sich entlang der Wertschöpfungskette Kunststoff bewegen und sich Themen wie Nachhaltigkeit, Kreislaufwirtschaft und Innovation widmen. Aus diesen Kooperationsprojekten heraus entstehen weitere neue Erkenntnisse sowie innovative Formate und Inhalte, welche für die Unternehmen relevant sind.
Darüber hinaus bieten wir als Plattform Zugang zu Dialogen mit politischen Vertretern unterschiedlicher Ebenen, um zu zeigen, dass Innovation und gewisse Faktoren der Nachhaltigkeit der Branche traditionell bereits innewohnen.
Zudem entwickeln wir momentan ein Label, welches exzellente Unternehmen innerhalb der Wertschöpfungskette auszeichnet und genau diese Positivfaktoren darlegt, unterstützt und gezielt nach außen trägt.
Das Ziel ist es, die Branche aktiv mitzugestalten und Steuerungsmechanismen zu entwickeln.
Wie wird sich das Stimmungsbarometer in Zukunft weiterentwickeln?
Die Erhebung wird halbjährlich durchgeführt, wodurch mit jeder Datenerhebung fundiertere Vergleiche mit den vorherigen Befragungen möglich werden. Dies erlaubt die Analyse konkreter Entwicklungen und eine kontinuierliche Präzisierung des Stimmungsbildes in der Branche. Neue Erkenntnisse werden genutzt, um relevante Themen aufzunehmen und Überholte zu streichen, wodurch der Fragebogen schlank und nah gehalten werden soll.
Ein kontinuierlicher Austausch und Feedback mit allen INNONET-Beteiligten sind uns dabei besonders wichtig, um das Stimmungsbarometer gemeinsam weiterzuentwickeln. Bei einer weiterhin so positiven Resonanz und Rückmeldequote werden wir perspektivisch auch weitere Regional- und Branchenstudien mit variierenden Schwerpunkten entwickeln. Bleiben Sie gespannt, mehr verrate ich noch nicht.
Welche Ziele haben Sie für die nächsten Erhebungen und wie möchten Sie die Teilnahme weiter steigern?
Die Rückmeldungen nach dem ersten Durchlauf waren durchweg positiv, daher wurden nur geringfügige Änderungen an den Themenbereichen und Fragen vorgenommen. Natürlich ist es auch ein Ziel, die Teilnehmerzahl weiter zu steigern, da bei quantitativen Studien immer „the more the merrier“ gilt.
Speziell durch eine frühzeitige und regelmäßige Kommunikation sowie eine breite Streuung über verschiedene Kanäle sind wir zuversichtlich auch zukünftig hohe und weiter steigende Teilnehmer- und Leserzahlen zu erreichen. Auch mit zunehmender Bekanntheit innerhalb des INNONET gehen wir davon aus, dass auch die Bereitschaft innerhalb der Mitgliedsunternehmen steigt, sich die 5-10 Minuten zur Beantwortung des Stimmungsbarometers zu nehmen.
Wie können Interessierte mehr über das INNONET-Stimmungsbarometer und die Teilnahme daran erfahren?
Einerseits über unsere Website: https://www.innonet-kunststoff.de/innonet-stimmungsbarometer/
Sowie über die LinkedIn-Kanäle des INNONET Kunststoff und Technologiezentrum Horb GmbH & Co. KG.
Vielen Dank an Herr Dejan Micic für das geführte Gespräch und die wertvollen Einblicke.
Quelle Bild und Text: Technologiezentrum Horb GmbH & Co. KG