Freitag, November 22, 2024
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Vom eigenen Engagement zur motivierenden Führung

Smiley-Ansteckknöpfe, XXL-Grinsen und jede Menge Büroklammern 

Jeder Chef brennt für sein Unternehmen. Schließlich hat er es mit großem persönlichem Engagement aufgebaut und zu dem gemacht, was es heute ist. Doch leider sind nicht immer alle Mitarbeiter genauso motiviert. Doch wie lässt sich in der täglichen Unternehmenspraxis ihren vielen Herausforderungen das eigene Engagement in eine motivierende Führung übertragen? Diese Frage kann zu so mancher Absurdität in der Chefetage führen – so erfährt und erlebt das auch Hannes. Der 49-jährige studierte Betriebswirt ist Produktionsleiter und Mitglied der Geschäftsleitung eines internationalen Industriekonzerns. Er gewährt einen Einblick, was auf der Management-Etage so gedacht und getan wird – erst recht, wenn es um Motivation geht. Übrigens: Ein Schmunzeln aufgrund dieser Business-Satire ist hier durchaus erlaubt…

Auch Hannes hat es erwischt: seine Mitarbeitenden sind nicht mehr motiviert. In seiner Abteilung ist die Mitarbeitermotivation gemäß der letzten Personalumfrage bereits zum zweiten Mal hintereinander gesunken. Diesmal sind es 0,4 Prozentpunkte weniger. Zwar ist das Niveau mit 86,491398 Prozent ziemlich ordentlich, aber Luft nach oben hat’s immer. Sagt der CEO. Man darf nie damit zufrieden sein, dass man zufrieden ist, meint er.

Im Grunde haben sich alle Mitarbeitenden über die Prozesse, das Arbeitsvolumen und auch die meisten andern Punkte positiv geäußert. Es ist einzig das Kriterium „ich fühle mich motiviert in meiner täglichen Arbeit“, dessen positive Spannung auf der Einstufungsskala etwas abgeschlafft ist. Von daher ist die Aussage präzis. Die Mitarbeitenden fühlen sich nicht mehr so stark motiviert. Die Devise von Hannes’ Chef ist ebenso klar: sorgen sie dafür, dass diese Zahl nächstes Jahr wieder höher ist, am liebsten um die 90 Prozent.

Ein Chef kann seine Mitarbeiter nicht motivieren, oder?

Hannes ist im ersten Moment etwas unsicher, was er tun soll. Irgendwann hat er gelernt, dass ein Chef seine Mitarbeiter nicht motivieren kann. Im besten Fall soll er sie in einer ersten Phase nicht demotivieren und dann ein Umfeld schaffen, in dem sich alle entwickeln und entfalten können. Das motiviert gemäß der Wissenschaft. Aber das greift erst langfristig. Hannes bleiben nur ein paar Monate, um den Motivationswert aufzuhübschen. Er muss also aktiv motivieren. Hannes wäre nicht Hannes, wenn er nicht geplant und strukturiert vorgehen würde.

Zuerst kauft er sich einen Stapel Motivationsbücher mit Titeln wie „Mitarbeiter motivieren in 30 Tagen“, „Gehe hin und motiviere“, „Die Steve-Jobs-Motivations-Methode“. Er zieht selbst einschlägige Literatur von ehemaligen Eishockey- und Fußballtrainern bei, die im Sport erfahren haben, wie man motiviert und es nun für gutes Geld an Tagungen und in Bestsellern weitergeben. Auf dem Sportfeld sind sie allerdings nicht mehr gefragt – vielleicht motivierten sie dort zu sehr. Wie auch immer. Hannes hat das Gelesene sauber strukturiert verinnerlicht und in seinen gewohnten Maßnahmenplan gesetzt. 

Positives Gesicht und XXL-Grinsen 

Er hat entschieden, dass er „Think-positiv“ als Grundmotto für die Motivation einsetzt. Kurz bevor er ins Büro seiner Abteilung oder in die Fabrikationshalle seiner Produktionsinseln geht, schaut er in den Spiegel. „Positives Gesicht“ – ein XXL-Grinsen setzt er auf, nicht nur kurz, sondern permanent, bis er das Büro respektive die Fabrikationshalle wieder verlässt. Das strahlt aus. Genauso wie sein euphorisches „Hallo, einen schönen, tollen Morgen wünsche ich euch allen und den supergroßen Erfolg!“ In überschwänglicher Tonart in die Büroräume geworfen soll es anstecken und Energie geben.

Im Fish-Motivationsvideo hat er gesehen, dass Fische werfen motiviert. Hannes hat sich dazu einen Vorrat an Büroklammern gekauft. Beim Eintritt ins Großraumbüro seiner Innendienst-Equipe wirft er rein spaßeshalber immer eine Hand voll Büroklammern in die Luft. Die Adressaten dieser Nachricht wird die Botschaft wohl erreichen – obwohl sie es noch nicht schaffen, die Freude daran auch zu zeigen. 

Hannes trägt neu auch „Smiley-Ansteckknöpfe“ am Hemd. Das steckt an, buchstäblich. Er begrüßt jeden Tag einen Mitarbeiter per Handschlag und wünscht ihm einen ganz besonderen Tag. Selbstverständlich verschickt er in der Mittagspause per E-Mail an alle eine positive Tagesnachricht. „Es geht nicht ums Gewinnen, es geht ums Kämpfen. Packen wir es an!“ oder „Jeder Tag ist der beste Tag, ganz besonders der heutige“ oder ein schlichtes „Die Welt ist schön!“ Auch hier spürt er den Erfolg nicht unmittelbar. Rückmeldungen bleiben noch aus. Nun, erfolgreich muss es ja nicht sofort sein, es muss erst in ein paar Monaten wirken – bei der nächsten Mitarbeiterumfrage.

Noch mehr Schnickschnack 

Selbst die Signatur seines E-Mail-Accounts hat Hannes motivierender gestaltet. Das professionell-knapp formulierte „freundliche Grüße“ wird ersetzt durch „lebensfrohe Energie und einen suuuperdollen Tag wünscht Ihnen…“. Hannes steht zwar überhaupt nicht auf solchen Schnickschnack. Als gelernter Ingenieur ist er den wissenschaftlichen Tatsachen verpflichtet. Vom Typ her liegt sein Hauptgewicht auf „DISG-blau“, er ist also strukturiert, ordentlich und aufgabenbezogen. Aber wenn in den Büchern steht, dass solcher Schnickschnack nützt, so wird es wohl sein. Auch seine Kleidung hat er angepasst und sich an Barack Obama ein Vorbild genommen. „Der ist ja auch ein Motivator“, sagt sich Hannes und krempelt an der Arbeit die Ärmel seiner Hemden fortan stets zu einem Viertel hoch. 

Schließlich sucht er noch nach einem passenden Video auf youtube. Der Beginn einer Rede von Steve Ballmer vor seiner Microsoft-Crew erscheint Hannes passend. Ballmer springt auf die Bühne, rennt hin und her, jubelt, schreit, gerät fast außer Atem, stellt sich ans Rednerpult und beginnt „we – we are the best companyyyyy – yeah!“ Genau, das ist es. Hannes übt ebenfalls einen Text ein, steigert seine Fitness und beim nächsten Abteilungsmeeting stürmt er ins Sitzungszimmer, macht rennend drei Runden um den Tisch, kommt völlig außer Atem, schaut begeistert in die entgeisterten und irritierten Gesicherter seiner Mitarbeitenden und setzt zu seiner Rede an – „Mist, ich hab den Text vergessen!“ Doch rasch fängt er sich: „Ich werde ihn nach der Sitzung mailen.“

Fazit

Die Hauptaufgabe eines Chefs liegt in der Organisation – schließlich muss das Unternehmen laufen und das am besten rund. Je nach Branche, Größe und Business müssen Strategie und Ziele festgelegt, regelmäßig Gespräche mit Banken, Lieferanten und Geschäftspartnern geführt, Mitarbeiter gefunden, Bestellungen getätigt, Kunden gesucht und besucht, die Buchhaltung vorbereitet, Umsetzungspläne erstellt und auch noch das eine oder andere Wichtige getan werden. Ganz nebenbei kommt dazu noch eine weitere Aufgabe: Die Führung, nicht nur des Unternehmens, sondern vor allem der Mitarbeiter. Diese zu motivieren ist Teil einer guten Führung. 

Bedeutet Führen – ganz theoretisch – schon die zielgerichtete Beeinflussung des Verhaltens und Erlebens von Personen innerhalb einer Gruppe, müssen bei der Motivation zusätzliche Aspekte betrachtet werden. Denn die Situationen, in denen Führungskräfte richtig handeln und entscheiden sollen, sind ebenso vielfältig wie die davon betroffenen Mitarbeiter. Immer besteht ein Zusammenhang aus Umgebung, Abhängigkeit und Befindlichkeit. Vor diesem Hintergrund wird schnell klar, warum es die eine Weisheit zur richtigen Führung bzw. Motivation nicht geben kann. Aber eines ist klar: erfolgreiche Führung ohne Motivation ist kaum machbar.

Autor:

Stefan Häseli ist Kommunikationstrainer, Keynote-Speaker, Moderator und Autor mehrerer Bücher. Er betreibt ein Trainingsunternehmen in der Schweiz. Der Kommunikationsexperte begleitet seit Jahren zahlreiche Unternehmen bis in die höchsten Vorstände von multinationalen Konzernen. Er doziert an Universitäten und Fachhochschulen im Themenfeld Kommunikation. Als Experte nimmt er im Radio und TV-Stationen immer dann Stellung, wenn Kommunikation irgendwo auf der Welt gerade eine entscheidende Rolle spiel, wie beispielsweise die ersten Wochen „Donald Trump“ oder der Blick auf das Kommunikationsverhalten von Boris Johnson. 

Die Kommunikation in ihren unterschiedlichen Welten und die Details in der Sprache faszinieren ihn und prägt seinen beruflichen Werdegang. Er begeistert in seinen Fachartikel und Kolumnen mit feinsinnigem Humor. In seinen Vorträgen und Seminaren vermittelt er Wissen kurzweilig und gespickt mit Beispielen aus der Praxis sowie amüsanten Anekdoten – stets mit einem liebevollen Augenzwinkern. Sein neuestes Buch „„Best Practice Leadershit – Absurde Wahrheiten aus den Chefetagen“ beleuchtet so manche Absurdität aus den Chefetagen auf satirische Weise. Als ausgebildeter Schauspieler mit jahrelanger Bühnenerfahrung schreibt er ganze Abendprogramme selbst. Dazu kommen Engagements in Kino-Filmen, TV-Serien, TV-Werbespots und Schulungsfilmen. 

Quelle Titania Kommunikation Text. PR. Geist.

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