Warum das eigene Kind als Erstes infrage kommt
Hinter jedem Familienunternehmen steckt eine Geschichte mit jahrelanger Arbeit und einer Leidenschaft, die zur Berufung wurde. Aus diesem Grund wünschen sich viele Unternehmereltern, dass ihre Kinder das Unternehmen übernehmen. Zum einen wird dadurch die Kontinuität der Firma sichergestellt, sodass auch zukünftig die langfristigen Ziele der Familie erreicht werden können.
Zum anderen wird die Familientradition fortgeführt und das Erbe der Familie bewahrt. Zudem sparen sich Eltern die Arbeit, einen externen potenziellen Unternehmensführer suchen zu müssen. Denn sobald externe Käufer ins Spiel kommen, bedeutet dies, dass man Fremden das eigene Unternehmen, und somit auch eine lange Tradition und einen wichtigen Teil der Familiengeschichte, anvertrauen muss.
Sobald jedoch die eigenen Kinder den Betrieb übernehmen, ziehen Eltern daraus klare Vorteile: Die Firma bleibt weiterhin Eigentum der Familie. Finanziell haben sie den Vorteil, dass das Unternehmen steuerlich günstiger übertragen wird und sie weiterhin langfristige Gewinne als Familie erzielen. Auch haben die Kinder in den meisten Fällen bereits wertvolle Erfahrungen mit der Arbeit im Familienunternehmen und kennen sich besser aus als externe Personen.
Deswegen wollen Unternehmerkinder den Betrieb nicht übernehmen
Irgendwann stehen Unternehmerkinder vor der wichtigen Frage: Will und muss ich den Betrieb von meinen Eltern übernehmen?
Tatsächlich entscheiden sich laut einer Studie der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Ernest & Young die meisten Kinder dazu, einen anderen Berufsweg einzuschlagen. Eines der Hauptgründe hierfür ist die Tatsache, dass das Interesse für das Familienunternehmen schlichtweg fehlt. Die meisten Unternehmerkinder möchten sich in neuen Berufsfeldern ausprobieren, eventuell selber gründen oder angestellt arbeiten. Viele entscheiden sich auch dazu, in Metropole wie Berlin, München oder Hamburg zu ziehen. Somit wird die Distanz zum Familienunternehmen nochmal größer.
Eines der weiteren Gründe, warum sie das Unternehmen nicht übernehmen möchten, ist der Druck und die Erwartungshaltung der Eltern. Oft möchten Unternehmerkinder nicht in die Fußstapfen der Eltern treten, da sie befürchten, sie könnten den Betrieb nicht erfolgreich weiterführen. Der Gedanke, sich umzuorientieren und anderweitig tätig zu werden, entlastet sie enorm.
Das mangelnde Interesse, der Druck und die unterschiedlichen Visionen der Kinder sind nur wenige Gründe, weswegen sie andere Karrierewege verfolgen.
Tatsächlich sind weniger als fünf Prozent dazu bereit, das Familienunternehmen gleich nach dem Studium zu übernehmen. Die Bereitschaft der Unternehmerkinder in Deutschland ist ersichtlich geringer im Vergleich zu anderen Ländern weltweit.
So können Eltern handeln
Die Entscheidung, das Familienunternehmen zu übernehmen, ist eine persönliche Entscheidung der Kinder. Eltern sollten hier kein Druck ausüben, sondern andere Optionen in Betracht ziehen.
Natürlich können Unternehmen auch erfolgreich an externe Kandidaten verkauft werden. Es lohnt sich jedoch, erstmal die eigenen Beschäftigten zu berücksichtigen. Im Beispiel von Lufthansa wird die CEO-Nachfolge systematisch geplant. Das heißt, dass externe Personen nicht infrage kommen. Stattdessen bereitet das Unternehmen vorzeitig eigene Manager auf den Aufstieg vor. Der Vorstandsvorsitzende sucht hierbei zwei potenzielle Nachfolger aus, die als Kandidaten genügende Qualifikationen und Fähigkeiten aufweisen.
So können auch Unternehmer sich dazu entscheiden, den eigenen Betrieb an interne Mitarbeiter zu übergeben. Das hat den Vorteil, dass sie oft besser auf die Unternehmenskultur und -werte abgestimmt werden können. Sie haben genug Wissen über das Geschäft und die Branche und müssen nicht so intensiv eingearbeitet werden, wie externe Kandidaten. Betriebsführer können ihre Mitarbeiter auch besser einschätzen und die Übergabe somit einfacher gestalten. Dennoch ist es wichtig, dass genug Transparenz bei der Auswahl des geeigneten Nachfolgers besteht und die Entscheidung fair und objektiv getroffen wird.
Sollten doch eher externe Käufer infrage kommen, gilt es einige Aspekte zu beachten. Unternehmensführer sollten sich die Zeit nehmen, die Kandidaten ausführlich zu identifizieren: Stimmen die Werte und Visionen mit denen des Unternehmens überein? Auch ist es wichtig, die Verhandlungen mit dem potenziellen Nachfolger sorgfältig zu führen, ohne die Interessen des Unternehmens und der Familie zu vernachlässigen. Hier sollte beachtet werden, dass externe Käufer steuerliche und rechtliche Herausforderungen an das Unternehmen stellen können. Auch nach der Übernahme ist es wichtig, dass der neue Geschäftsführer die Unternehmenskultur aufrechterhält und bestehende Strukturen respektiert, um die Firma erfolgreich weiterführen zu können.
Unabhängig davon, ob man sich für die Übergabe an einen externen Käufer oder einen internen Mitarbeiter entscheidet, sollte man folgende Punkte für eine erfolgreiche Unternehmensnachfolge berücksichtigen: Die Übergabe sollte klar und transparent kommuniziert werden, Unternehmensführer sollten frühzeitig planen und Bewerber nach ihren Vorstellungen, Qualifikationen und Fähigkeiten überprüfen.
Fazit
Die Übergabe des Betriebs an Sohn oder Tochter ist der Wunsch vieler Unternehmereltern. Dabei wollen die wenigsten Kinder den Familienbetrieb übernehmen. Oft haben sie andere Visionen und interessieren sich für andere Branchen. Hier lohnt es sich, interne Mitarbeiter weiter auszubilden, um sie als Nachfolger zu bestimmen. Bei der Suche nach externen Käufern sollten einige Punkte beachtet werden.
Schließlich steckt hinter den meisten Familienunternehmen eine langjährige Tradition, die bewahrt werden sollte.
Autor:
Asim Qajani ist Verwaltungsrat und CEO von Green Capital und Beteiligungen AG und hat besondere Expertise in den Bereichen Finanzen und Investments. Die Firma investiert in kleine, mittelständische und große Unternehmen und verhilft diesen über die Hürden der Nachfolge. https://www.greencapital-b.ch/
Bildquelle/Fotograf: Chantal Dysli (Photography)
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