Die US-Wirtschaft war letztes Jahr robuster als viele Experten erwartet hatten. Aber kann sie sich auf diesem Niveau behaupten? Stephen Dover, Head of Franklin Templeton Institute, legt dar, welche Risiken und Chancen für Anleger zu erwarten sind.
Die US-Wirtschaft hat sich hauptsächlich aufgrund der folgenden Faktoren besser gehalten als gedacht: Die niedrigere Inflation hat die Realeinkommen und die Kaufkraft deutlich gestärkt. Daneben haben die während der Pandemie angehäuften überschüssigen Ersparnisse die Kauflaune belebt. Die pandemiebedingten Störungen wurden bei Weitem wettgemacht. So haben sich Automobilproduktion und -absatz erholt, da der Chipmangel sich entspannt. Der Arbeitsmarkt ist zudem weiterhin in guter Verfassung und könnte auf breiter Front in Schwung kommen, wenn die streikenden Beschäftigten in der Automobilindustrie die geforderten Lohnerhöhungen erhalten.
Ob die US-Wirtschaft im vierten Quartal und darüber hinaus weiter brummen wird, ist jedoch alles andere als sicher, denn vielen Treibern für die US-Wirtschaft geht die Puste aus. Im vierten Quartal 2023 müssen US-Studienkredite wieder zurückgezahlt werden. Dadurch werden die Konsumausgaben voraussichtlich sinken. Die Gefahr eines Regierungsstillstands ist noch nicht gebannt und könnte das Wachstum bremsen. In der Regel schlagen sich Zinserhöhungen erst mit ein bis zwei Jahren Verzögerung im Beschäftigungswachstum nieder. Die US-Notenbank hat vor rund 18 Monaten mit den Zinserhöhungen begonnen, sodass eine Verlangsamung künftig wahrscheinlicher wird.
Die Ungewissheit über einen Shutdown in den USA unterstreicht, wie weit das Land von einer stabilen Fiskallage entfernt ist. Gerade erst wurde ein Stillstand abgewendet, da scheint der nächste schon vorprogrammiert, da der Kongress nicht in der Lage ist, einen Kompromiss zu erzielen. Der Anteil der Zinszahlungen am Haushalt ist immens und wird aufgrund der höheren Zinsen weiter steigen. Ein großer Teil der Emissionen von US-Staatsanleihen hat kurze Laufzeiten, weil die Nachfrage nach diesen Instrumenten höher ist. Die höheren Zinsen werden daher den Gesamthaushalt treffen, wenn die Anleihen fällig werden. Wir sind aber dennoch nach wie vor überzeugt, dass der US-Dollar die Reservewährung für die Welt bleiben wird. Das liegt hauptsächlich daran, dass es derzeit keine Alternative gibt, die sämtliche Anforderungen erfüllt.
Wo liegen Chancen im Anleihenuniversum?
Hypothekenbesicherte Agency-Wertpapiere (MBS) in den USA sind attraktiv. Die Renditen in diesem Sektor sind höher als bei Investment-Grade-Anleihen, gleichzeitig ist das Ausfallrisiko niedriger. Außerdem ist die Volatilität geringer. Die meisten Agency MBS liegen im mittleren Bereich der Renditekurve.
Gute Gelegenheiten bieten auch Schwellenländer-Anleihen, vor allem in Ländern, die ihre Chance nutzen, an Stelle von China direkte Handelsbeziehungen zu den USA aufzubauen. Hierzu zählen Indien, Vietnam, Indonesien und Teile Lateinamerikas. Daneben gibt es globale Anlagegelegenheiten in Industrieländern wie Japan. Hier winken auch positive Währungseffekte, wenn der US-Dollar abwertet (für Anleger in auf Lokalwährung lautenden Anleihen).
Der Dollar bleibt die Reservewährung der Welt
Foto von Stephen Dover (Quelle: Franklin Templeton)
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