Freitag, November 22, 2024
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StartKommentarDie Zentralbanken halten noch immer das Zepter in der Hand

Die Zentralbanken halten noch immer das Zepter in der Hand

Ein aktueller Investmentausblick „The Globe“ von Eurizon:

Die Inflation ist nach den jüngsten verfügbaren Daten im Mai erneut gesunken und liegt im Jahresvergleich nun bei 4 % in den USA und 6,1 % in der Eurozone. Dies ist ein respektabler Rückgang, wenn man bedenkt, dass die Höchstwerte in den USA bei 9,1 % und bei uns in Europa bei 10,6 % lagen. Dieser Rückgang reicht jedoch nicht aus, um das Aufflammen der Inflation als beendet zu betrachten, zumal ein Großteil des Rückgangs auf die Normalisierung der Energiepreise zurückzuführen ist, während die Kernkomponenten immer noch überaus hohe Preise aufweisen.

Auf jeden Fall sind die Märkte allgemein weiterhin davon überzeugt, dass die Inflationsrate in Richtung 2 % tendiert. Die Konsensschätzungen sagen für die nächsten anderthalb Jahre einen Rückgang der Inflation in den USA und in der Eurozone bis Ende 2024 auf die 2-Prozent-Marke voraus.

Was das Wirtschaftswachstum anbelangt, so gehen die Analysten in ihren Gesamteinschätzungen von einer Fortsetzung der geordneten Verlangsamung aus, die Ende 2023 nahe der Nulllinie liegen und dann in den Jahren 2024 und 2025 auf ein niedriges, aber stabiles Niveau steigen wird.

Im Vergleich zu dieser idealen Kombination aus sanfter Verlangsamung von Inflation und Wachstum werden insbesondere zwei Aspekte zu beobachten sein: zum einen die Kerninflationsdaten, die sich analog zum Energiesektor entwickeln dürften, und zum anderen die Arbeitsmarktstatistiken. Bei Letzteren würde eine Abschwächung der Inflationsrate das Risiko einer starken Verlangsamung stärker in den Vordergrund rücken.

Die Zentralbanken haben sich durch den Rückgang der Inflation nicht beirren lassen und ihre Position beibehalten. Allerdings hat die Fed die Zinsen im Juni nicht erhöht, nachdem sie diese zehnmal in Folge angehoben hatte. Die EZB hob die Zinssätze um 25 BP an, verlangsamt aber seit einigen Monaten ihr Tempo.

Was die Zukunft betrifft, so hat die Fed angedeutet, dass sie die Zinssätze in diesem Jahr noch zwei weitere Male anheben will. Die Märkte folgen ihr nur bedingt. Sie glauben: Sollten keine besonders guten Arbeitsmarkt- oder Inflationsdaten vorgelegt werden, werde die Fed die Zinssätze nicht erneut anheben. Auch die EZB hat grundsätzlich erklärt, die Geldpolitik weiter straffen zu wollen.

Der Markt rechnet daher mit zwei weiteren Anhebungen bis zum Herbst.
Wir befinden uns also in der Endphase einer beschleunigten Straffung der Geldpolitik, die vor mehr als einem Jahr begonnen hat. 2024 wird höchstwahrscheinlich ein Jahr mit sinkenden Zinssätzen sein – entweder weil die Inflation eingedämmt wird (Szenario eines „Soft Landings“) oder weil es notwendig sein wird, die makroökonomische Verlangsamung einzudämmen (Szenario eines „Hard Landings“).

In beiden Fällen erscheint der Anleihemarkt attraktiv. Hier waren die kurz- und mittelfristigen Zinssätze zu den Jahreshochs zurückgekehrt, ohne diese zu überschreiten. Außerdem spricht die Form der Kurven in den USA und in Deutschland, die extrem invers sind, dafür, dass sich die geldpolitische Straffung nun in ihrer Endphase befindet.

Die Risikoaktiva reagierten gelassen auf die noch immer bestehenden Restriktionsabsichten der Zentralbanken. Im Gegenteil, die Anleihespreads zogen sich zusammen und die Aktienmärkte stiegen. Auch hieran lässt sich erkennen, dass ein Ende der geldpolitischen Straffung bevorsteht und der Konjunkturzyklus sich fortsetzt.
Dieses Szenario wird sich in den kommenden Monaten anhand der Inflations- und Beschäftigungsdaten bewähren müssen, mittelfristig kann es jedoch als zentral angesehen werden.

Unter den Unternehmensanleihen weisen Investment-Grade-Anleihen ein attraktives Risiko- Ertrags-Verhältnis auf, da die Zinssätze bei Fälligkeit hoch sind und die Renditeaufschläge bereits ein gewisses Maß an wirtschaftlicher Verlangsamung berücksichtigen. High Yields hingegen sind einem größeren Volatilitätsrisiko ausgesetzt. Interessant sind daher Anleihen aus Schwellenländern, in denen die Zentralbanken Spielraum haben, um eine mögliche Konjunkturabschwächung auszugleichen.

Bei Aktien liegen die absoluten (Kurs-Gewinn- Verhältnis) und die relativen Bewertungen (Risikoaufschlag gegenüber Staatsanleihen) mittelfristig gesehen im Rahmen ihrer historischen Durchschnittswerte. Eine Verlängerung der geldpolitischen Straffung oder umgekehrt eine starke Konjunkturabschwächung könnte jedoch die Volatilität wieder anheizen, die in letzter Zeit angesichts der Erwartung eines Soft Landings in den Hintergrund getreten ist.

Die Zentralbanken halten noch immer das Zepter in der Hand

Foto: Bild von Colin Behrens auf Pixabay

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