Die Neurowissenschaftlerin und Science Slammerin Franca Parianen ist überzeugt: Wenn wir teilen, schaffen wir Mehrwert für alle. In ihrem jüngsten Buch „Teilen und Haben“, das sie im Oktober auf der herCAREER-Expo vorstellt, belegt sie dies mit Exkursionen zum Ursprung der Menschheit und kindlichem Sozialverhalten. Im Preview-Interview sprachen wir mit ihr über verschiedene Formen des Teilens und was Männer und Frauen dabei unterscheidet.
„Wenn wir uns zusammentun, haben wir alle mehr.“
„Teilen ist das Einzige, was wir Menschen richtig gut können“, sagt die Neurowissenschaftlerin Franca Parianen. Schon kleine Kinder könnten im Vergleich zu Menschenaffen kooperativ zusammenarbeiten. Als klassisches Beispiel nennt die Autorin des Buchs „Teilen und Haben“ die Räuberleiter: „Das obere Kind muss dem unteren von der Beute etwas abgeben. Es geht um die Erkenntnis: Wenn wir uns zusammentun, haben wir am Ende alle mehr.“
Doch der Gedanke vom „Survival of the fittest” habe sich in unserer Wirtschaft breit gemacht – etwa in Vergütungssystemen und Regeln von Belohnung und Bestrafung. Gerade Sektoren, die der Menschheit früher das Überleben sicherten wie die Care-Arbeit, sei bisher selten als Mehrwert in diese Systeme eingeflossen. Das betreffe auch Lebensgrundlagen wie die Nahrungsmittelversorgung oder eine saubere Umwelt. All das sehe man meist nur als Kostenfaktor. „Wenn man etwas nicht bepreisen kann, hat es für uns keinen Wert.“ Hinzu komme: Berufe würden niedriger bezahlt, sobald sie besonders viele Frauen ergreifen. „So Sätze wie, das machen die doch freiwillig, sollten wir nicht mehr einfach so stehen lassen.“
„Kooperation war fürs Überleben unserer Vorfahren wichtiger als die Chance, die besten Informationen für uns zu behalten“, sagt Franca Parianen. Auch Wissen werde mehr, wenn man es teile. Die Neurowissenschaftlerinnen macht das zum Beispiel am Thema Hormone fest. Östrogene hätten einen ganz schlechten Ruf, etwa auf Youtube: „Es gibt zigtausende Videos, wie man Testosteron steigert und Östrogen unterdrückt“, so die Science Slammerin. Klischees, wie Hormone wirken und wie wir sie bewerten, möchte sie Fakten aus der Forschung entgegensetzen. „Es lohnt sich, ganz anders darüber nachzudenken und das sollten wir gemeinsam tun – zum Beispiel in Frauennetzwerken.“
In der Forschung gebe es Anhaltspunkte von verschiedenen Strategien des Teilens bei Männern und Frauen. Während Frauen sehr sensibel für die Parameter der Zusammenarbeit seien, lasse sich bei Männern eine Tendenz zum Gruppen- und Wettbewerbsdenken beobachten. Sie vertrauten eher mal blind auf Bevorzugung innerhalb ihrer Gruppe oder gäben Geld aus, damit die andere Gruppe weniger habe. Letztlich kämen aber alle Geschlechter auf Vor- und Nachteile. „Deswegen sind diverse Teams am besten.“
Am Freitag, 7. Oktober 2022, um 14.50 Uhr ist die Neurowissenschaftlerin und Wissenschaftskommunikatorin Franca Parianen zu Besuch beim Authors-Meetup der herCAREER-Expo in München und stellt ihr Buch „Teilen und Haben: Warum wir zusammenhalten müssen, aber nicht wollen“ vor.
Bildquelle/ Fotograf: © Anke Illing
Quelle messe.rocks GmbH