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Jahresanalyse 2022: Investitionen in deutsche Startups sind in der zweiten Jahreshälfte stark zurückgegangen

Nach einem Boom-Jahr in 2021, hat sich der Venture-Capital-Markt in der zweiten Jahreshälfte 2022 stark abgekühlt. Dies belegt eine Auswertung des technologie- und datengetriebenen Venture-Capital-Unternehmens Morphais VC – basierend auf den Daten von Dealroom. Hierbei zeigt die Auswertung der Daten vom 1. Januar bis 30. November 2022, dass der Gesamtwert der Investitionen in deutsche Startups im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um -46 % auf 11,9 Milliarden Dollar gefallen ist, die Zahl der Finanzierungsdeals um -29 % auf 1.137 Deals. Der große Einbruch am VC Markt geschah hierbei vor allem in der zweiten Jahreshälfte: 

Geopolitische Spannungen, Inflation, Zinserhöhungen sowie die Angst vor einer Rezession haben insbesondere in der zweiten Jahreshälfte für ein sehr zögerliches Investmentverhalten gesorgt,” resümiert Eva-Valérie Gfrerer, CEO & General Partner von Morphais VC. 

Stärkster Rückgang in der Later-Stage-Phase

Am stärksten war der Rückgang bei Finanzierungsrunden über 250 Millionen Dollar. Hier sind die Finanzierungssummen und -runden am deutlichsten zurückgegangen. Während es im vergangenen Jahr noch 14 Finanzierungsdeals mit einem Volumen von über 250 Millionen Dollar gab, waren es in diesem Jahr gerade einmal 6 Unternehmen, die eine solch hohe Summe einsammelten. Damit ist die Zahl der Top-Deals um mehr als 50% gefallen. 

Die Gesamtinvestitionssumme ist zudem bei den Top-Finanzierungsrunden von knapp 10 Milliarden Dollar auf 2,2 Milliarden Dollar gesunken (-78 %). Während 2021 noch 8 Unternehmen mehr als 500 Millionen Dollar einsammeln konnten, wurde dies in 2022 von keinem Startup erreicht. 

Die Daten zeigen außerdem, dass 2021 einige Startups schon in einer recht frühen Phase hohe Summen zu sehr hohen Bewertungen eingenommen haben. Beispielsweise erhielten junge Lieferplattformen bereits in der Series B und Series C Investmentsummen von jeweils mehr als 500 Millionen Dollar. Hingegen zeigte sich in diesem Jahr, dass einige dieser Startups ihre Bewertung in sogenannten “Downrounds” nach unten korrigieren mussten. 

Auch bei Finanzierungsrunden, mit einem Volumen von 100 bis 250 Millionen Dollar, wurde ein Rücklauf verzeichnet. Hier ist die Investitionssumme zwischen Januar und November auf 2,9 Millionen Dollar gefallen. Dies sind 38 % weniger als im Vorjahreszeitraum. Gezählt wurden zudem nur 19 Finanzierungsdeals zwischen Januar und November 2022. Im Vorjahreszeitraum 2021 waren es hingegen noch 33. 

Rückgang des Finanzierungsvolumens auch in der Pre-Seed-Phase

Zwischen Januar und November dieses Jahres wurde in der Pre-Seed-Phase mit 51 Millionen Dollar deutlich weniger investiert als im Vorjahreszeitraum (-37 %). Die Zahl der Finanzierungsrunden hat sich nach aktueller Datenlage sogar um -48 % reduziert: Während zwischen Januar und November 2021 noch 953 Finanzierungsrunden im Pre-Seed-Bereich gezählt wurden, waren es in diesem Jahr gerade einmal 498 Finanzierungsrunden*.

Etwas besser sah es hingegen in der Seed-Phase, Series A und Series B aus. In der Seed-Phase ist das Investitionsvolumen deutscher Startups im Vergleich zum Vorjahreszeitraum marginal um -1 % gesunken, in der Series A und Series B ist das Finanzierungsvolumen sogar um 13 % bzw. 12 % gestiegen. Hierbei muss allerdings auch beachtet werden, dass die Finanzierungssummen und -runden in der Seed-Phase, Series A und Series B von 2020 zu 2021 noch sehr stark gestiegen waren, in diesem Jahr hingegen nur konstant geblieben sind. Darüber hinaus flossen noch im Dezember 2021 hohe Investitionsummen in der Series A und B, was dieses Jahr nicht mehr zu erwarten ist. 

In den letzten Monaten hat sich der Markt für Risikokapital sehr verändert. VCs schauen nun genau hin, wo sie ihr Geld einsetzen. Gleichzeitig ist jetzt die perfekte Zeit, um frühzeitig in junge Unternehmen zu investieren. Der Markt bietet aktuell sehr attraktive Einstiegsbedingungen in vielversprechende Startups. Wer jetzt investiert, fördert nicht nur die talentiertesten Gründer*innen von Morgen, sondern profitiert auch von langfristig gutenRenditen, sobald der makroökonomische Gegenwind nachgelassen hat,“ sagt Eva-Valérie Gfrerer, CEO & General Partner von Morphais VC. 

Weiterhin Kapital am Markt vorhanden, insbesondere in kleineren Fonds 

Obwohl VCs vor allem in der zweiten Jahreshälfte weniger investiert haben, verfügen sie noch immer über einen großen Pool an Kapital, denn die Zahl neu aufgelegter Fonds wie auch die Fondssummen sind in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. In diesem Jahr wurden 58 neue Investmentfonds in Deutschland gezählt – und damit sogar noch ein Fonds mehr als im Boomjahr 2021. Im Vergleich zu 2020 ist die Zahl neu angelegter Fonds um 42 % gestiegen. Dabei haben viele der Fonds, die 2022 geschlossen wurden, noch vom Marktumfeld der Vorjahre profitiert. Die lockere Geldpolitik zur Abwendung einer wirtschaftlichen Krise während der Pandemie und negative Realzinsen führten zu niedrigen Kapitalkosten für LP’s, Startups und Investor*innen. 

Im Rückblick zeigt sich zudem, dass auch die Fondsvolumen seit 2020 weiter gestiegen sind. So lag die Gesamtsumme neu aufgelegter Fonds in 2019 bei 4,4 Milliarden Dollar, in 2020 bei 11 Milliarden Dollar, in 2021 bei 17,8 Milliarden Dollar. In diesem Jahr wurden zwischen Januar und November nochmals 14,7 Milliarden Dollar von VC Fonds eingesammelt. Dabei umfassen die VC Fonds sowohl Folgefonds bestehender VC Firmen, als auch Corporate VCs und First-Time-Fonds.

Vor allem kleine Fonds mit einem Volumen von unter 50 Millionen Dollar sind zahlreicher und besser gefüllt als je zuvor. In diesem Jahr wurde bisher 16 % mehr in kleinere Fonds investiert als in 2021 (von 182 Millionen auf 211 Millionen Dollar). 

Wir sehen, dass noch viel Kapital am Markt vorhanden ist. Dennoch sollten sich Gründerteams bewusst sein, dass Investor*innen zurückhaltender geworden sind und die Beschaffung von Startkapital im kommenden Jahr deutlich länger dauern kann. Während es in den Boom-Jahren 2020 und 2021 teilweise nur wenige Monate dauerte um eine Finanzierungsrunde zu schließen, sollten Gründer*innen jetzt ein halbes Jahr oder noch länger für den Fundraising-Prozess einplanen. Zudem sollte auch in 2023 der Fokus weiter auf Effizienz und Profitabilität liegen,“ so Eva-Valérie Gfrerer, CEO & General Partner von Morphais VC. 

Die Top- Startup-Deals in Deutschland 2022  

Die größten Deals mit 400 Millionen Dollar erhielten in diesem Jahr das Münchener Deep-Tech-Startup Celonis und das Berliner Insurtech-Startup WeFox. In die Liste mit den Top-Deals kommen außerdem die deutschen Startups Onefootball ($300 Mio.), Trade Republic ($250 Mio.) Forto ($250 Mio.), Taxfix ($220 Mio.), H2gen AG ($220 Mio.), 1Kommas ($220 Mio.), Personio ($200 Mio.) und Coachhub ($200 Mio.). 

*Fußnote: Gerade im Pre-Seed Bereich werden nicht alle Deals zeitnah veröffentlicht. Dadurch kann es zu einer Reporting-Verzögerung kommen, sodass die Lücke zum Vorjahr möglicherweise etwas kleiner ist, als momentan von Dealroom berichtet.

Über die Datenauswertung

Die vorliegende Analyse basiert auf den Daten von Dealroom. Die Vorjahresvergleiche beziehen sich auf den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 30. November 2022  – wenn nicht anders angegeben. Die Daten umfassen hierbei u.a. Investitionen von VCs, Business Angels, Corporate VCs und öffentlichen Fonds. 

VC Investitionen fließen überwiegend in Startups. Startups sind wachstumsorientierte Unternehmen, die jünger als 15 Jahre sind. In Einzelfällen fließen VC Investitionen auch in Unternehmen, die älter als 15 Jahre sind.

Jahresanalyse 2022: Investitionen in deutsche Startups sind in der zweiten Jahreshälfte stark zurückgegangen

Bild Bildcredits: Morphais VC

Quelle Morphais HSTL Technologies GmbH

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