Samstag, Dezember 21, 2024
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StartStartupsSwytch Bike: Rückenwind aus England (ohne Nieselregen)

Swytch Bike: Rückenwind aus England (ohne Nieselregen)

E-Bikes sind von unseren Straßen nicht mehr wegzudenken – und auch Systeme, mit denen sich Fahrräder elektrisch nachrüsten lassen, werden immer mehr. Wer auf diesem umkämpften Markt bestehen will, braucht innovative Ideen. Und davon hatte das Londoner Unternehmen Swytch Bike gleich zwei. In unserem Interview verrät Gründer und Geschäftsführer Oliver Montague u.a., wie es mit Swytch Bike losging, wie die Technik dahinter funktioniert und welche unkonventionellen Ansätze das Unternehmen verfolgt.

Swytch ist noch nicht lange auf dem Markt, was hebt Euch von anderen Herstellern ab?

Wir glauben an Leichtigkeit – und zwar im doppelten Sinne. Mit 2,4 kg Gesamtgewicht ist unser System nicht nur superleicht, sondern es ist auch wirklich easy, das Kit zu montieren. Ich vergleiche es immer gerne mit dem Aufbau eines Ikea-Schranks – wer das schafft, packt auch unser System. Natürlich können sich die Leute auch in einem Fahrradladen helfen lassen, aber dafür Geld auszugeben, ist eigentlich nicht nötig.

Und wie funktioniert das genau?

Unser System besteht aus ganz wenigen Komponenten. Der schwierigste Schritt, wenn man das überhaupt so nennen kann, ist es, das bisherige Vorderrad gegen unser motorisiertes Rad zu tauschen. Wer also schon mal einen Reifen an seinem Fahrrad gewechselt hat, dürfte keine Probleme haben. Danach werden nur noch die Pedalsensoren angebracht, der Akku am Lenker befestigt und alles mit ein paar Kabeln verbunden – fertig. Dafür haben wir den kleinsten und leichtesten E-Bike-Akku der Welt entwickelt. Er passt in die Hosentasche und ist in etwa so schwer wie drei Handys.

Das hat sicherlich seinen Preis?

Das kommt darauf an. Wir haben zwei Varianten, die mit dem kleinen Akku kostet 1.199 Euro, die mit dem großen Akku 1.599. Euro. In Theorie. Wer zu diesen Preisen bestellt, bekommt das System innerhalb kürzester Zeit geliefert – also wie bei anderen Online-Shops auch. Menschen, die es nicht so eilig haben und Geld sparen wollen, können sich hingegen auf unserer Warteliste eintragen. Sie bezahlen dann nur etwa die Hälfte und bekommen Ihren Antrieb nach durchschnittlich drei Monaten ab der Bestellung. Das ist etwa so wie Crowdfunding, nur ohne Plattform.

Wird das angenommen?

Oh ja – das ist die deutlich beliebtere Variante, und seit sich die wirtschaftliche Lage bei den meisten Menschen angespannt hat, spüren wir das noch mehr. Dieses Modell hat sich im Zuge von unterbrochenen Lieferketten als ideal erwiesen. So können wir gezielt die benötigten Komponenten bestellen und für hohe Qualität garantieren. Die Kunden sind dann schon darauf eingestellt und freuen sich – falls es mal sehr viel länger dauert – über Extra-Rabatte.

Also doch eine Billig-Lösung?

Nein, überhaupt nicht. Räder mit unserem System müssen keinen Vergleich scheuen. Wir nehmen die gleichen qualitativ hochwertigen Akku-Zellen, die auch z.B. auch in Samsung-Geräten verbaut werden. Und auch alle anderen Komponenten sind von hoher Qualität.

Beim Nachrüsten geht es ja auch immer um die Sicherheit. Könnt Ihr diese gewährleisten?

Oh ja, unser System ist ja schon zigtausendfach erprobt: Swytch verändert die Struktur des Fahrrads nicht, es fährt auch nicht schneller als 25 Kilometer pro Stunde, eine Geschwindigkeit, auf die jedes Fahrrad mindestens ausgelegt ist. Und mit leerem Akku fährt sich das Fahrrad wie eines ohne E-Antrieb. Es gibt keinen größeren Widerstand.

Wie ist denn überhaupt die Idee entstanden, ein Nachrüstsystem zu entwickeln?

Nachhaltige Technologien haben mich schon immer fasziniert. Deshalb habe ich auch in Oxford Ingenieurwesen studiert. Als dann die E-Bikes aufkamen, habe ich mir Komponenten aus China bestellt und mir mein eigenes Fahrrad einfach nachgerüstet. Meine Freunde fanden die Idee auch klasse, deswegen habe ich nach und nach auch Ihre Fahrräder elektrifiziert und später sogar angefangen, die Systeme bei Ebay zu verkaufen. In der Rückschau war dies der erste Schritt zum eigenen Business.

2017 ging es dann mit Swytch Bike los. Was waren die Hürden bei der Unternehmensgründung?

Als erstes mussten wir uns um das nötige Kleingeld kümmern, und dazu haben wir eine Crowdfunding-Kampagne gestartet. Wir, das waren meine damalige Freundin und jetzige Frau Haley und mein Freund Dmitro, den ich aus einem vorherigen Job kannte. Wir drei sind also quasi das Ur-Team von Swytch Bike. Bei der ersten Kampagne haben wir rund 500.000 Dollar von über 1.000 Unterstützern eingesammelt. Im Anschluss machten wir uns an die Entwicklung eines Prototyps. Dafür bin ich mehrere Male nach China gereist und habe Kontakte zu verlässlichen Lieferanten geknüpft, mit denen wir heute noch zusammenarbeiten. 2018 konnten wir schließlich die erste Version unseres Antriebs auf den Markt bringen.

Und das in unsicheren Zeiten. Der Brexit war auf dem Weg, keiner wusste, wie sich die Wirtschaft in England entwickeln würde. Später kam noch Corona mit Einschränkungen und Lieferengpässen dazu. Wie hat das Eure Entwicklung beeinflusst?

Wir hatten uns auf alle Eventualitäten vorbereitet, und deshalb haben uns die globalen Schwierigkeiten seit der Gründung kaum getroffen. Ganz im Gegenteil. Wegen des anstehenden Brexits hatten wir zum Beispiel schon mal ein Versandlager in den Niederlanden eröffnet. Deshalb müssen sich unsere Kunden aus der EU auch keine Sorgen über mögliche Zoll- oder Einfuhrgebühren machen. Die Engpässe seit der Corona-Pandemie haben wir zwar gespürt, aber nicht so stark wie manch andere Unternehmen vielleicht. Durch unser Verkaufsmodell und die gezielten Bestellungen konnten wir den Bedarf zügig abdecken. Insgesamt sind diese verrückten letzten Jahre also wirklich sehr positiv für uns gelaufen. Von unserem anfänglichen Trio sind wir inzwischen zu einem Team aus 70 Personen gewachsen.

Wohin geht die Reise, was sind Eure Pläne für die Zukunft?

Was wir in den letzten Jahren erlebt haben, war schon echt überwältigend. Wir konnten uns nicht nur auf dem heimischen Markt behaupten, sondern auch in den USA. Wenn ich in London herumschaue, ist bereits jedes zehnte Fahrrad ein Swytch Bike, das kann ich manchmal gar nicht glauben. Jetzt wollen wir unseren Fokus vor allem auf die deutschsprachigen Länder richten. Auf längere Sicht wollen wir auch unsere Bandbreite erweitern. Swytch Bike ist nur ein Teil unseres Unternehmens Swytch Technology, und unser Team arbeitet bereits an vielen spannenden Ideen. Ich kann es kaum erwarten, bis wir sie vorstellen können, aber bis dahin ist es noch ein wenig Zeit.

Bilder: Copyright Swytch Technology

Quelle Interview: TEAM CODE ZERO

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