Montag, Dezember 23, 2024
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Trotz besserer Wirtschaftsdaten: Anleger brauchen jetzt vor allem Geduld

Der weltweite Wirtschaftsausblick für das Jahr 2024 ist durch zwei Faktoren geprägt: wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit auf der einen Seite und sich verändernde Herausforderungen auf der anderen. Während das robuste Wachstum in den USA einen eindrucksvollen Präzedenzfall bildet, müssen Anleger in der Eurozone aufgrund des vorsichtigen Aufschwungs Ausdauer beweisen. Die Zentralbanken, allen voan die US-Notenbank (Fed) und die Europäische Zentralbank (EZB), sind bei der geldpolitischen Lockerung zu einem vorsichtigen Ansatz übergegangen. Vor diesem Hintergrund ist bei der Kapitalanlage ein geduldiger Ansatz geboten.

USA: Geduld bei Normalisierung der Zinsen – trotz robuster Konjunktur

Die jährliche Wachstumsrate in den USA stieg von 1,9 Prozent im Jahr 2022 auf 2,5 Prozent im Gesamtjahr 2023 und erreichte im vierten Quartal mit 3,3 Prozent ihren Höhepunkt. Dieses beeindruckende Wachstum verdeutlicht die Vorteile eines bedächtigen und geduldigen Ansatzes gegenüber konjunkturellen Heraus­forderungen. Trotz des Aufschwungs in den letzten Quartalen könnten die Echtzeitindikatoren wie die Wirtschaftsaktivität und die Einkaufsmanager­indizes die Wirtschaftsdynamik immer noch unterschätzen. Zwar werden in letzter Zeit wieder mehr Arbeitsplätze geschaffen, vor allem im Privatsektor, jedoch bleibt die Arbeitslosenquote nach wie vor bei 3,7 Prozent.

Die Entscheidung der Fed, den Leitzins bei 5,5 Prozent zu belassen, zeigt: Die Notenbank vollzieht einen vorsichtigen Balanceakt in Erwartung eindeutigerer Anzeichen für eine nachhaltige Annäherung der Inflation an das 2-Prozent-Ziel. Fed-Chef Jerome Powell betonte, dass ein größeres Vertrauen in die Inflationstrends nötig sei, bevor eine Anpassung der Zinssätze in Betracht gezogen werden könne. Die Fed ist entschlossen, bei der Normalisierung der Geldpolitik Geduld zu üben.

Im Februar hält keine der großen Zentralbanken eine Sitzung ab. Damit haben die Märkte genügend Zeit, ihre Erwartungen an den Zeitpunkt und die Höhe der künftigen Zinssenkungen weiter anzupassen. Die Wahrscheinlichkeit einer ersten Zinssenkung der Fed bereits im März hat sich in nur sechs Wochen von 90 Prozent auf weniger als 20 Prozent verringert. Unser Szenario, dass der Lockerungszyklus im kommenden Sommer beginnt, wird zunehmend zur Konsensmeinung.

Eurozone: Keine schlechten Nachrichten sind schon gute Nachrichten

Auf dieser Seite des Atlantiks ist die Konjunkturerholung in der Eurozone mit Vorsicht zu betrachten, denn die wirtschaftliche Landschaft ist von Kontrasten geprägt. Es gibt zwar Anzeichen für eine Verbesserung, insbesondere in der Industrie, doch insgesamt ist die Dynamik verhalten – das zeigen die PMI-Umfragen und die Arbeitsmarktdaten. Die Eurozone steuert auf ein leicht positives BIP-Wachstum im Jahr 2024 zu – 0,5 Prozent, wie im Jahr 2023 –, und der Trend wird allmählich disinflationär. Dieser zaghafte Erholungsprozess erfordert einen vorsichtigen und geduldigen Ansatz der Währungspolitik und der Wirtschaftsförderung.

In den USA werden „gute“ Nachrichten zur Wirtschaft und zu den Unternehmensgewinnen offensichtlich so aufgefasst, wie sie erscheinen: Sie treiben die Wertpapierkurse nach oben. In der Eurozone beobachten wir hingegen, dass bereits das Fehlen von zunehmend „schlechteren“ Nachrichten allmählich als gute Nachricht gesehen werden. Und tatsächlich: Zum ersten Mal seit November 2020 erleben wir sowohl positive als auch negative Überraschungen in Bezug auf das Wachstum.

Aktien: Tech, Gesundheit und langer Atem bei Europa-Titeln

Wir sind der Meinung, dass die Anleger eine etwas vorsichtigere Haltung gegenüber globalen Aktien einnehmen und regionale Allokationen außerhalb Europas bevorzugen sollten. In den USA legt die Widerstandsfähigkeit des Marktes in Verbindung mit der geduldigen Politik der Fed eine selektive Strategie nahe, die Sektoren bevorzugt, die von einem anhaltenden Wirtschaftswachstum und einer überschaubaren Inflation profitieren dürften. Der Technologiesektor, insbesondere im Zusammenhang mit künstlicher Intelligenz (KI), und das Gesundheitswesen, könnten wertvolle Chancen bieten, die durch den fortgesetzten digitalen Wandel und die demografischen Trends entstehen.

In Europa könnten geduldige Investoren belohnt werden: Wer Sektoren ins Auge fasst, die von einer möglichen Stabilisierung der Wirtschaft und einem geldpolitischen Richtungswechsel der EZB begünstigt werden, könnte profitieren. Die Puzzleteile könnten sich allmählich zusammenfügen, und deutlichere Anzeichen eines vorteilhafteren geldpolitischen Mix dürften ein willkommenes Signal für die Vermögenswerte in Europa sein. Im Augenblick sind die Prognosen der Analysten­ an die zukünftigen Unternehmens­gewinne sehr schwach. Dies belastet europäische Aktien.

Anleihen profitieren von vorsichtiger Zinssteuerung und künftigen Lockerungen

Bei Anleihen müssen sich Anleger durch eine hohe Komplexität navigieren – doch wer dazu die Geduld hat, erhält eine vielfältige Palette an Möglichkeiten. US-Treasuries und Investment-Grade-Anleihen schaffen in Portfolios einen defensiven Anker, denn sie profitieren von der vorsichtigen Zinssteuerung der Fed. Europäische Anleihen, insbesondere im Investment-Grade-Segment, sind attraktiv, da wir einen Renditevorteil im Zusammenhang mit wahrscheinlichen künftigen geldpolitischen Anpassungen der EZB anstreben. Schwellenländeranleihen könnten attraktive Gesamtrenditen bieten, besonders jene, die von der moderaten Haltung der lokalen Zentralbanken unterstützt werden. Voraussetzung ist, dass Anleger es schaffen, mögliche Schwankungen geduldig auszusitzen.

Eine gute ausgewogene Asset-Allokation

Zu Beginn des Jahres 2024 ist „Geduld“ das Leitmotiv für die globalen Wirtschafts- und Investitionsaussichten. In einer Welt, in der die Zentralbanken bei geldpolitischen Anpassungen einen vorsichtigen Ansatz verfolgen, müssen sich auch Anleger in Geduld üben. Die Stimmung hat gedreht, die Ungleichgewichte haben zugenommen und die Finanzmärkte stellen in Frage, ob die Zinssenkungen der Fed bereits im März noch realistisch sind. Investoren müssen das berücksichtigen. Eine ausgewogene Strategie – unter Beachtung der sich verändernden Narrative und der Wahlkampagnen in den USA, im Euroraum und darüber hinaus – wird daher entscheidend sein, um die Chancen und Herausforderungen zu meistern, die auf uns zukommen.

Bei unserer Asset-Allokation bevorzugen wir Anleihen gegenüber Aktien, da die Risikoprämien für Aktien immer noch unzureichend sind, um die Anleger zu einer wesentlichen Höhergewichtung der Anlageklasse zu bewegen. Insgesamt halten wir an einer neutralen Allokation in Aktienindizes außerhalb von Europa fest. Der europäische Markt hat augenscheinlich die Talsohle erreicht, ist aber relativ betrachtet immer noch weniger attraktiv als der Rest der Welt. Im festverzinslichen Segment nutzen wir nach wie vor die Renditevorteile (Carry) von Investment-Grade-Unternehmensanleihen und Emerging Market Debt.

Fixed Income-Allokation:

Wir konzentrieren uns auf qualitativ hochwertige Anleihen und bleiben in Schwellenländeranleihen engagiert, um von ihrem attraktiven Carry zu profitieren.
Wir investieren außerdem in europäische Staatsanleihen. Auf diese Weise wollen wir uns die Renditevorteile zunutze machen, die vor dem Hintergrund einer sich abschwächenden Inflation, der schleppenden Konjunktur und der bevorstehenden Zinssenkungen der Zentralbanken entstehen. Da die Inflationserwartungen nach wie vor gut verankert sind, ist die EZB zu einer weniger restriktiven Rhetorik umgeschwenkt.
Die US-Renditen sind von 5,0 Prozent Mitte Oktober auf 3,8 Prozent Ende 2023 gefallen. Daher haben wir bei unserer Long-Position auf die US-Duration Gewinne mitgenommen. In Bezug auf US-Staatsanleihen sind wir neutral aufgestellt und halten Ausschau nach einem neuen, attraktiven Einstiegspunkt, da wir davon ausgehen, dass die Märkte ihre Erwartungen an die Fed revidieren werden.
Aktien-Allokation:

Die Gesamtmarktbewertung hat sich in den letzten Monaten von der Höhe der realen Renditen gelöst. Dies impliziert ein weniger attraktives Niveau für Käufe.
Angesichts der vergleichsweise optimistischen Gewinnwachstumserwartungen sehen wir nur ein begrenztes Aufwärtspotenzial für Aktien und sind daher derzeit eher vorsichtig. Dies zeigt sich in einer Untergewichtung von Aktien der Eurozone und einer neutralen Gewichtung in anderen Regionen.
Wir warten auf ein besseres Risiko-Rendite-Verhältnis und ein deutlicheres Signal der Zentralbank, bevor wir unser Aktien­engagement anheben.
Andererseits setzen wir bei Aktien auf bestimmte Themen. Unter anderem gefallen uns die Bereiche Technologie und KI. Ebenso achten wir auf Chancen bei abgeschlagenen Aktien von Small Caps und Mid Caps bzw. im Bereich erneuerbare Energien. Wir sind auch nach wie vor Käufer von spätzyklischen Sektoren wie dem Gesundheitswesen und Verbrauchsgütern.
Absicherung und Diversifizierung:

Wir halten eine Long-Position im japanischen Yen und Engagements in einigen Rohstoffen, unter anderem in Gold. Beides sind gute Absicherungen in einem risikoaversen Umfeld.
Weiterhin rechnen wir mit einer guten Entwicklung von alternativen Anlagen, da sie eine gewisse Dekorrelation gegenüber traditionellen Vermögenswerten bieten.

Bild:Nadège Dufossé, Head of Asset Allocation bei Candriam (Foto: Candriam)

Quelle:redRobin. Strategic Public Relations GmbH

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