VEGDOG Geschäftsführerin Valerie Henssen – 15 Fragen rund um Herausforderungen und Business
Stellen Sie sich doch bitte kurz unseren Lesern vor! Ich bin Valerie Henssen, die Geschäftsführerin und Mit-Gründerin von VEGDOG. Wir sind die Pioniere für veganes Hundefutter, das Hunde komplett versorgt und zusammen mit Tierärztinnen und Tierärzten entwickelt wurde – gut für die Gesundheit der Hunde und für unseren Planeten. Ich bin in NRW großgeworden, habe in Münster meinen Bachelor in BWL gemacht und in Berlin Tiermedizin studiert, das ich allerdings frühzeitig beendet habe, um mit VEGDOG durchzustarten.
Welches waren für Sie die größten Herausforderungen?
Das Herausforderndste ist bis heute die Aufklärung. Denn noch immer wird der Hund auf eine Stufe mit dem Wolf gestellt – zumindest, wenn es um die Ernährung geht. Dabei liegen zwischen Wolf und Hund rund 15.000 Jahre. Ein Wolf hat mit einem Hund ungefähr so viel zu tun wie ein Mensch von heute mit unseren Vorfahren aus der Steinzeit. Hunde brauchen kein Fleisch, im Gegenteil vertragen sie es sogar häufig nicht. Eine Ernährung auf pflanzlicher Basis ist ohne Probleme möglich, das haben verschiedene Studien gezeigt.
Wichtig ist, dass eine Rezeptur bedarfsdeckend ist – gleich um welche Ernährungsform es sich handelt. Diese Erkenntnis muss sich noch weiter durchsetzen. Wir wollen übrigens niemanden missionieren, wir wollen überzeugen. Schon ein veganer Tag in der Woche rettet vielen Tieren das Leben und schützt unsere Umwelt – wenn das in den Köpfen von möglichst vielen HundehalterInnen ankommt, wäre schon viel gewonnen.
Zudem ist es immer wieder eine Herausforderung einen gesunden Ausgleich zwischen dem Marathon des Unternehmensaufbaus und der eigenen Freizeit bzw. Erholung zu finden. Wir sind an dieser Stelle besonders dankbar ein so tolles und engagiertes Team zu haben, welches diesen Ausgleich leichter ermöglicht.
Was hat Sie in Ihrer Jugend am meisten geprägt?
Mein früher Kontakt zu Tieren hat sicherlich dazu geführt, dass ich hier eine Leidenschaft entwickelt habe. Diese Leidenschaft lehrt mich seither Verantwortungsbewusstsein, Empathie und Toleranz. Diese Eigenschaften prägen auch unsere Unternehmenswerte. Es ist uns sehr wichtig, dass wir über den Tellerrand des Unternehmertums hinausschauen und unsere Verantwortung verstehen. Zudem haben meine Eltern mir in meiner Erziehung ein Bewusstsein für unsere Privilegien mitgegeben. Dadurch habe ich ständig den Anspruch, dass wir dieses Privileg auch nutzen, anders wäre die Ungleichheit auf dieser Welt m.E. unerträglich.
Wie sieht ein ganz normaler Arbeitstag von Valerie Henssen aus?
Da ich nicht durchgehend in München bin, variiert mein Alltag häufig. Ein typischer Tag in München mit Büroalltag sieht wie folgt aus:
Frühes Aufstehen zwischen 6 und 6:30 Uhr (je nach Jahreszeit ), sofort ein Stunde Spaziergang oder Joggen mit meinem Hund Willi ohne digitale Geräte, danach Sport oder Meditation, Nachrichten schauen/lesen und ins Büro (gegen 10 Uhr – ich bin hier zeitlich wohl eher französisch geprägt). Meetings bis zum frühen Nachmittag, danach kann ich sie nacharbeiten und meine Themen vorantreiben. Abends gehe ich gerne zum Sport, treffe mich mit Freunden oder gehe ins Programmkino auf meiner Straße. Häufig koche und lese ich auch. Der Tag wird natürlich zwischendurch unterbrochen für Spaziergänge mit Willi bis zum Abendspaziergang auf dem ich private Anrufe tätige.
Wie ist die Idee zu VEGDOG entstanden? Welche Vision steckt dahinter?
Der Schäferhund-Mischling Nelson meiner Geschäftspartnerin, VEGDOG-Gründerin Tessa, litt an einer Futtermittelallergie, weshalb ihr Tierarzt empfahl, tierische Bestandteile aus Nelsons Speiseplan zu streichen. Nelson vegan ernähren?! Tessa war zunächst skeptisch, ob das wirklich geht. Um Nelson aber zu helfen, wollte sie nichts unversucht lassen. Sie ließ sich vom Fachtierarzt bedarfsdeckende Rezepturen zum Selberkochen erstellen und nach kurzer Zeit war Nelson beschwerdefrei. Bei dem für alle HundehalterInnen sehr mühseligen Thema der Futtermittelallergie war das für Tessa ein kleines Wunder.
Das Selbstkochen war neben ihrem Hauptberuf als Architektin besonders zeitaufwendig. Nach ausführlichen Recherchen kam sie zu dem Schluss, dass es kein veganes Hundefutter auf dem Markt gab, das eine volle Bedarfsdeckung gewährleistet. Um diese Marktlücke zu füllen und somit auch HundehalterInnen in ähnlichen Situationen eine gesunde Alternative zu fleischhaltigen Futtermitteln zu bieten, entschied Tessa sich, mit FachtierärztInnen ein Hundefutter auf pflanzlicher Basis zu entwickeln.
Eines, das dem Hund all die Nährstoffe liefert, die er für ein gesundes Leben braucht. Denn inzwischen wissen wir, dass der Hund Proteine und Nährstoffe braucht und kein Fleisch. Diese können wir ihm auch pflanzlich zur Verfügung stellen. Das ist die Geschichte hinter VEGDOG. Heute steht neben der Versorgung der Hunde auch der Tier- und Klimaschutz auf unserem Programm. So retten wir mit erwirtschaftetem Geld zum Beispiel sogenannte Nutztiere vor dem Schlachter oder unterstützen die Vermittlung von Hunden aus dem Ausland.
Auf welchen Märkten seid Ihr aktiv?
Deutschland ist unser Hauptmarkt, für weitere europäische Länder bereiten wir den Markteintritt vor. Über unseren Shop www.vegdog.de können all unsere Produkte bezogen werden, auch im bequemen Abo mit Preisvorteil. Ansonsten haben wir auf unserer Website auch eine Händlersuche, über die auch der Vor-Ort-Handelspartner gefunden werden kann.
Vor allem freuen wir uns aber auch, dass immer mehr Drogerie- und Supermärkte unser Sortiment bei sich aufnehmen.
So findet man unsere DENTALS in den dm-drogerie-Filialen und eine Auswahl unserer Produktvielfalt in ausgewählten Supermarktketten wie REWE oder EDEKA sowie bei einigen FUTTERHAUS und Fressnapf Filialen. Wir arbeiten aktiv an der Ausweitung unseres Händlernetzwerkes, um die Verfügbarkeit unserer Produkte in ganz Deutschland auch stationär zu sichern.
Wie hat sich das Unternehmen in den letzten Jahren verändert?
Wir haben als Garagen-StartUp gestartet. Ich erinnere mich noch zu gut, wie Tessa mir erzählte, wie sie die ersten Pakete in ihrer Garage packte. In der Folge sind wir unheimlich schnell gewachsen und konnten unser Produktangebot deutlich erweitern. Heute bieten wir ein vollumfängliches Sortiment aus Trocken- und Nassfutter, Nahrungsergänzungsmitteln und einer Vielzahl an Snacks an. Außerdem hat sich unser Team vergrößert. Es besteht aus motivierten Menschen, die alle durch ein gemeinsames Ziel verbunden sind: Hunden eine gesunde Alternative zu herkömmlichem Futter zur Verfügung zu stellen, das nebenbei Tiere und Umwelt schützt.
Wie war es für euch in der Höhle der Löwen?
Unser Auftritt in der Sendung „Höhle der Löwen“ 2018 war für uns ein Meilenstein, weil wir über Nacht deutlich bekannter wurden und viele Medien berichteten. Wir erinnern uns immer gerne an den Auftritt zurück. Hier haben wir die wertvolle Möglichkeit erhalten, die Geschichte hinter VEGDOG zu erzählen und zu zeigen, dass wir einen toleranten Ansatz gewählt haben: es muss nicht jeder Hund gleich 100% vegan leben.
Jeder Schritt zählt, so kann z.B. durch eine 50%ige vegane Fütterung dem Hund und natürlich auch anderen Tieren Gutes getan und dabei beachtliche Mengen an CO2 eingespart werden: Wer zu VEGDOG greift, vermeidet Tierleid und schützt die Umwelt. Unabhängig davon waren wir natürlich unglaublich aufgeregt. Die Chance vor 3 Mio. Zuschauern zu sprechen, bekommt man nicht alle Tage. Durch unsere Überzeugung für unsere Produkte fiel es uns aber letztendlich gar nicht schwer ruhig zu bleiben. Wir wollten unbedingt allen zeigen, was dahintersteckt. Es hat Spaß gemacht!
Was ist der USP bei eurem Produkt?
Ehrlich und einfach gesagt: Dass wir mittlerweile nicht wüssten, welches andere Futter wir unseren eigenen Hunden füttern könnten.
Warum? Unsere Alleinfuttermittel werden in Zusammenarbeit mit FachtierärztInnen für Tierernährung entwickelt. Besonderen Fokus neben Geschmack und Qualität findet hierbei die Bedarfsdeckung – das VEGDOG-Futter bietet alles, was ein Hund braucht. Um das zu garantieren, führen wir professionelle Kalkulationen unserer Rezepturen durch, die auch regelmäßig durch Laboranalysen überprüft werden. Wir sind zusammen mit unseren Tierärztinnen ganz nah an der aktuellen Forschung zu Hundeernährung.
Deswegen können wir uns und unsere KundInnen sich sicher sein: Wir von VEGDOG berücksichtigen für unsere Produktentwicklung die neuesten Studien, damit Hunde vom Stand der Wissenschaft profitieren. Eine weitere Besonderheit: In erster Linie standen zu Beginn vor allem die Bedürfnisse der eigenen Hunde im Fokus, woraus schließlich das Unternehmen VEGDOG wuchs. Da das Futter beim VEGDOG-Team auch privaten Einsatz findet, sind wir selbst unser strengster Kunde. Es besteht also ein persönlicher Bezug zu unseren Produkten – von Hundehalter zu Hundehalterin!
Welches sind bei euch die meistverkauften Produkte?
Unser Trockenfutter GREEN CRUNCH erfreut sich nach wie vor einer hohen Beliebtheit. Außerdem stellen unsere Snacks einen sehr guten Einstieg in die vegane Hundeernährung dar und werden daher überdurchschnittlich viel gekauft. Es macht auch Sinn: was spricht gegen einen veganen Snack für zwischendurch?
Habt Ihr neue Produkte in Planung?
Wir stehen eigentlich nie still. Wir haben viel vor und wollen unsere Produktpalette stetig erweitern. Nur so können wir den Hundefuttermarkt revolutionieren. Außerdem drängt auch das eigene Team nach mehr! Aktuell arbeiten wir daher zum Beispiel an weiteren Snacks. Aber wir wollen noch nicht allzu viel verraten.
Hättet Ihr mit so einem Wachstum gerechnet?
Wir hatten anfangs mit viel Gegenwind und Kritik zu kämpfen. Doch der Glauben und das Vertrauen in unsere Produkte haben war immer da. Dass wir in so kurzer Zeit so sehr wachsen könnten, haben wir anfangs allerdings nicht erwartet. Dies ist nur möglich, da wir auf die Wünsche unserer KundInnen eingehen, den höchsten Qualitätsanspruch verfolgen und ein motiviertes Team haben. Dafür sind wir dankbar. Wir haben noch viel vor und durch die Erfahrungen der letzten Jahre stehen wir allen Herausforderungen positiv gegenüber und sind bereit Gas zu geben.
Welche Bücher sollte Ich lesen?
Das hängt natürlich ganz vom Genre ab. Ich nehme an, hier sind eher inspirierende unternehmensorientierte oder motivierende Bücher gefragt; daher: Der Appell des Dalai Lama an die Welt: Ethik ist wichtiger als Religion von Franz Alt und Tenzin Gyatso, Scaling Up von Verne Harnish, The Miracle Morning von Hal Elrod oder The Subtle Art of not giving a F von Mark Manson.
Welche 3 Tipps haben Sie für junge Gründer?
Ich denke folgende Punkte können helfen und würde ich mir rückblickend noch lauter sagen:
Trau dich! Wenn du es fühlst: Leg los, am besten gestern! Es kann gar nicht so viel schief gehen und wenn doch, gibt es immer Lösungen. D.h. es gibt keine Ausreden! Bleib dir dabei immer treu, alles andere wird auf lange Sicht nicht funktionieren.
Wo sehen Sie sich in den nächsten fünf Jahren?
Wir bewegen uns gerade schon mit großen Schritten auf die europäische Markenführerschaft zu. Doch wir wollen nicht nur den europäischen Raum erschließen, sondern arbeiten stets daran, auch Kundinnen und Kunden über die europäischen Grenzen hinweg mit unserem Futter versorgen zu können.
Zudem möchten wir zeigen, dass wir einen relevanten Unterschied machen. VEGDOG soll dafür europaweit bekannt sein. Als die Marke, die mehr macht als „nur“ Hundefutter zu vertreiben.
Wir bedanken uns bei Valerie Henssen für das Interview
Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder