Berlin (dts Nachrichtenagentur) – Die verweigerte Zustimmung der Liberalen zur Wiederwahl von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) im Europaparlament hat die Spannungen zwischen den Unionsparteien und der FDP vertieft. Beide Seiten überziehen einander mit scharfer Kritik.
CDU-Chef Friedrich Merz sagte der „Welt“ (Donnerstagausgaben): „Das Verhältnis zwischen Christian Lindner und mir ist nach wie vor gut und freundschaftlich. Aber wenn man so manche Mitglieder der FDP-Fraktion hört, dann bekommen wir den Eindruck, die FDP geht auf vollen Konfrontationskurs zu uns“, so Merz. „Ich bedaure das sehr. Aber die FDP muss selbst entscheiden, welche Rolle sie in Deutschland noch spielen will.“
FDP-Politiker weisen die Vorwürfe zurück und attackieren Merz. „Es gibt trotz manchmal heftiger Wortgefechte im Bundestag viele gute Kontakte und Gespräche zwischen den Abgeordneten von Union und FDP. Die strategische Ausrichtung der Union erscheint aber oft generell unklar, und dass der Oppositionsführer Merz manchmal auffallend mit den Grünen kuschelt, wirkt auf viele irritierend“, sagte der Bundestagsabgeordnete und Chef der Saar-FDP Oliver Luksic.
Der Vorwurf der Liberalen eines „Kuschelkurses“ gegenüber den Grünen sorgt für deutliche Verärgerung im Unionslager. „Die FDP versucht, von Existenzängsten getrieben, uns `Geheimgespräche` mit den Grünen zu unterstellen“, sagte Merz der „Welt“. „Ich hatte ein solches `Geheimgespräch` in der Tat, mit Robert Habeck am 6. Juni abends im ZDF bei Maybrit Illner – vor zwei Millionen Zuschauern. Und das war zu den Fragen der Wirtschaftspolitik alles andere als einvernehmlich.“
„Es ist eine falsche Vorstellung zu glauben, die FDP sei der natürliche Partner der Union“, sagte Alexander Throm (CDU), innenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion, der „Welt“. „In gesellschafts- und innenpolitischen Themen liegen wir Lichtjahre auseinander. Zwischen Grüne und FDP passt dagegen fast kein Blatt Papier.“ Und in beiden Themenfeldern sei die FDP „der entscheidende Treiber in der Ampel-Koalition, zum Beispiel bei der Turboeinbürgerung“.
Throm geht noch weiter: „Die FDP ist nur stark, wenn die Union schwach ist, und umgekehrt, das hat sich nach Bundestagswahlen immer wieder gezeigt. Deshalb ist eine schwache FDP in unserem Interesse.“ Nur wenn die Liberalen den Wiedereinzug in den Bundestag verfehlen würden, seien Koalitionen der Union mit nur einem Partner möglich. Und das sei das Ziel von CDU und CSU.
Die FDP kontert: „Es gibt keine natürlichen Verbündeten in der Politik, es gibt inhaltliche Schnittmengen. Die sind zwischen FDP und Union beispielsweise im Bereich Gesellschafts- und Innenpolitik eher klein, während sie bei der Wirtschafts- oder Verkehrspolitik groß sind“, erklärt der innenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Manuel Höferlin.
Die Union habe sehr lange regiert und tue sich schwer damit, Einschränkungen hinzunehmen. „CDU und CSU müssen anerkennen, dass wir Liberale eine eigene Haltung haben, die wir nicht einfach über Bord werfen, nur um ein Partner zu sein.“
Foto: Friedrich Merz und Christian Lindner (Archiv), via dts Nachrichtenagentur
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